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„Geheimschrift“ Fraktur

In Frakturschrift unter Win7-64 gesetzt. Montage: hw, Foto: Doma/Wikipedia

Dresden/Hannover, 25.7.11. Die alten „Deutschen Schriften“ sind wieder im Kommen: Wenn Franz Neugebauer vom „Bund für deutsche Schrift und Sprache“ (BfdS mit Sitz in Hannover) im Dresdner Schulmuseum, auf Festen oder anderswo seine Frakturdruckerei anwirft und seine Schreibkurse für „Deutsche Schrift“ gibt, dann ist das Interesse groß – und dieses Phänomen meint der Bund im ganzen deutschsprachigen Raum feststellen zu können.

Ein Grund dafür sei wohl auch ein demografischer Faktor, meint Neugebauer: Inzwischen leben nicht mehr viele Menschen, die Sütterlin, Kurrent, Fraktur & Co. noch in der Schule richtig gelernt haben. Und wer jetzt alte Texte lesen will, kann – anders als noch vor zehn, 20 Jahren – kaum noch auf die Hilfe älterer Verwandter zugreifen. Für viele sind Fraktur und vor allem die alten Schreibschriften wie Sütterlin und Kurrent inzwischen eine „Geheimschrift“, in der man sich mit Gleichgesinnten quasi verschlüsselt austauschen kann – denn die meisten Deutschen können ihre eigene Schrift längst nicht mehr lesen. Daneben spiele sicher die besondere Ästhetik der gebrochenen Schriften mit ihrer barocken Anmutung eine Rolle für den Retro-Trend, so der „Schriftleiter“ (alias Chefredakteur) der BfdS-Quartalszeitschrift „Die deutsche Schrift”.

Standard-Frakturen in Word ohne Ligatur. Abb.: BSF

Nun werden Fraktur und alte Schreibschrift sicher trotz des steigenden Interesses ein Nischenphänomen bleiben. Aber für ambitionierte Schreiber und Layouter dürfte es dennoch von Interesse sein, diese Schriftarten auf den PC zu zaubern – zudem Enthusiasten Jahr für Jahr neue Frakturfonts am Computer entwerfen. Je nach Word-Version und anderen Programmen, die eigene Fonts ins Windows-System einspeisen, wird der eine oder andere bereits Frakturschriften wie „Excalibur“ am PC an Bord haben – damit lässt sich schon etwas anfangen. Puristen werden freilich bermerken, dass diese Windows-Schriftarten keine Ligaturen, also grafische Zusammenziehungen solcher Buchstabenkombinationen wie „ss“, „ck“ oder „tz“ – unterstützen. Eben diese Ligaturen machen aber einen Teil des Reizes alter Frakturtexte aus.

Um diese Word beizubringen, gibt es Programme wie „Ligafaktur“ oder „Ligaturix“, die man sich kostenlos im Internet herunterladen kann.

 

Ligafaktur zum Beispiel (Windows XP und neuer) gräbt sich als speicherresidentes Programm in die Windows-Taskleiste ein. Hat man einen Text auf dem Schirm, wird der per rechtem Mausklick und Menüauswahl in Fraktur umgewandelt. Bei Bedarf lässt sich Ligafaktur auch schnell deaktivieren. Allerdings konvertiert es nicht alle Standardschriftarten – bei der Umwandlung von “Arial“ und „Times New Roman“ fehlten die Ligaturen.

Mit Ligaturix gesetzter Text mit Ligaturen - man beachte z. B. das "tz"

Ligaturix hat mir da schon besser gefallen: Bei der Installation speist es automatisch neue Fonts wie „DS Normal-Fraktur“ in die Schriftensammlung von Windows ein und fügt eine Konverter-Leiste in Word hinzu. Dort muss man dann beim „Datei -› Neu“-Dialog statt der Normal.dot die Scriptor.dot bzw. die „Frakturkonverter.dot“ als Vorlage wählen. Die Umwandlung eines in Standardschrift verfassten Textes geschieht (mit einiger Flackerei, die aber kein Grund zur Beunruhigung ist) recht rasch – und der Zieltext enthält auch echte Ligaturen. Viel Spaß beim Ausprobieren! Heiko Weckbrodt

 

Historie der Deutschen Schriften

Heutige Normschrift-Buchstaben und Fraktur im Vergleich. Abb.: BK/Wikipedia

Deutsche Druckschrift: Die Fraktur-Schrift entstand Anfang des 16. Jahrhunderts im Umfeld des Wiener Kaiserhofs. Sie ist eine Unterart der „gebrochenen Schriften“, die im Gegensatz zu den antiken Lettern, die wir heute wieder verwenden, nicht in einem durchgehenden Schwung geformt sind. Frakturzeilen haben deutlich mehr Ober- und Unterlängen und Zusammenziehungen (Ligaturen) als Antika-Lettern. Laut Studien aus den 1920er Jahren ermöglichen sie einen zügigeren Lesefluss als die Antika-Schriften. Letztere wurden übrigens – wenn sie ohne Serifen, also Endquerstriche gebraucht werden – auch „Grotesken“ genannt, weil sie den Druckern des 19. Jahrhunderts als widernatürlich erschienen.

Einige Nazi-Ideologen verteufelten die Fraktur (aus heute kaum noch nachvollziehbaren Gründen) als „jüdische Schrift“, dies führte 1941 zum Befehl, Druck- und Schreibmaschinen auf Antika umzustellen. Dieser Prozess zog sich freilich bis in die 1950er Jahre hinein.

Deutsche Schreibschrift: Sie ist keineswegs identisch mit dem „Sütterlin“, wie heute oft angenommen. Die gebräuchlichste Verkehrsschrift im Deutschen Reich war im 18. und 19. Jahrhundert die „Deutsche Kurrentschrift“. Der Grafiker Ludwig Sütterlin entwickelte daraus 1911 eine vereinfachte Schulschrift, die den Kindern das Schreibenlernen erleichtern sollte. Auch sie wurde 1941/42 von den Nazis verboten und an den Schulen schrittweise durch die „lateinische Ausgangsschrift“ und in der DDR ab 1968 durch die – druckbuchstabenorientierte – „Schulausgangsschrift“ (SAS) ersetzt.

Weitere Infos im Internet: www.bfds.de
(-> „Schriftgeschichte“)

Kostenlose Frakturschrift-Konverter zum Herunterladen:

www.ligaturix.de

www.ligafaktur.de

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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