Geschichte, Wirtschaft
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Vom Abakus zum Chip

Welt- und Lokalchronik zum Special „50 Jahre Mikroelektronik in Dresden“ (Auswahl)

Antiker römischer Bronze-Abakus. Abb.: Cowlishaw/Wikipedia

Antiker römischer Bronze-Abakus. Abb.: Cowlishaw/Wikipedia

 

Antike: erste Versuche, Rechenmaschinen zu konstruieren, scheitern größtenteils an mangelhaften Metalltechnologien.

Ab 1623: Wilhlem Schickard, Blaise Pascal, Gottfried Wilhelm Leibniz und andere Mathematiker entwickeln die ersten brauchbaren Rechenmaschinen, die durch mechanische Vorrichtungen addieren und subtrahieren können, später auch multiplizieren und dividieren.

19./20. Jahrhundert: Im mitteldeutschen Raum (vor allem auch in Sachsen) konzentrieren sich viele führende Rechenmaschinen-Fabriken.

1835: Das Relais wird erfunden und erlaubt komplexere elektrische Rechengeräte.

1904: Die Elektronenröhre ermöglicht erste elektronische Schaltungen.

1941: Konrad Zuse baut mit dem Z3 den ersten Computer im heutigen Sinne.

1934/1945: Deutsche und amerikanische Ingenieure entwickeln den Transistor auf Halbleiterbasis, der haltbarer und kleiner als Relais und Röhren ist und komplexere Schaltungen erlaubt.

1942-1946: In den USA entsteht mit dem ENIAC der erste elektronische Computer auf Röhrenbasis.

Nachbau des ersten Transistors, Abb.: Stahlkocher/Wikipedia

Nachbau des ersten Transistors, Abb.: Stahlkocher/Wikipedia

1957: Gründung des VEB Spurenmetalle in Freiberg.

September 1958: Jack Kilby entwickelt in den USA den ersten „Integrierten Schaltkreis“ (IC, Computerchip), damals noch auf Germanium- und nicht Silizium-Basis. Dies gilt als Geburtsstunde der Mikroelektronik.

Anfang der 1960er: Texas Instruments und Fairchild beginnen in den USA die Serienproduktion von Chips.

Kilbys erster integrierter Schalkreis. Abb.: TI

Kilbys erster integrierter Schalkreis. Abb.: TI

1. August 1961: Werner Hartmann gründet die „Arbeitsstelle für Molekularelektronik“ in Dresden (AME, ab 1969: AMD).

1963: Fairchild entwickelt die CMOS-Technologie, die noch heute die Chipproduktion dominiert.

1963: Erste Silizium-Wafer aus Freiberg.

Mitte der 60er: Silizium wird zum dominierenden Halbleitermaterial.

1965: Intel-Mitgründer Gordon Moore formuliert das „Mooresche Gesetz“, das später abgewandelt wurde, die Mikroelektronik aber bis zur Jahrtausendwende dominierte. Im Kern sagt es, dass sich die Integrationsdichte in Chips alle 1,5 bis zwei Jahre verdoppelt.

1968: Werner Hartmann fertigt den ersten funktionierenden DDR-IC im Labormaßstab.

1968: Die IC-Miterfinder Gordon E. Moore und Robert Noyce gründen Intel – das Unternehmen steigt in den Folgejahren zum weltweit größten Chip-Hersteller auf.

1969: In den USA günden Jerry Sanders und Ed Turney den späteren Intel-Hauptkonkurrenten „Advanced Micro Devices“ (AMD).

1971: Die Dresdner Arbeitsstelle AMD beginnt die Versuchsfertigung von ICs.

1971: Texas Instruments und Intel entwickeln die weltweit ersten Mikroprozessoren.

1972-76: Die ersten 8-Bitprozessoren kommen von Intel (8008), Motorola (6800) und Zilog (Z 80) – letzterer wird ab 1980 in der DDR als verbesserter Nachbau „U 880“ auf Jahre zum Standardprozessor.

1976: Aus dem AMD wird das Institut für Mikroelektronik Dresden (IMD).

1976/77: Auf der 6. ZK-Tagung entdeckt die SED die Mikroelektronik wieder für sich. Der erste DDR-Prozessor U808 (8 Bit, Nachbau des Intel 8008 von 1972) wird vorgestellt.

1978: Aus dem VVB Bauelemente und Vakuumtechnik entsteht das Kombinat Mikroelektronik Erfurt.

1978/79: Intel führt die 16-Bit-Prozessoren 8086/8088 ein, deren Basisbefehlssatz in den Folgejahren zur dominierenden Architektur wird – durch das Zusammenspiel von Intel, IBM und Microsoft. Bis in die 80er gibt es aber noch eine Vielzahl konkurrierender Prozessorarchitekturen.

1980: IMG und der VEB Elektromat werden in Dresden zum VEB Zentrum für Forschung und Technologie der Mikroelektronik (ZFTM) zusammengelegt, um Schaltkreis- und Anlagenentwicklung zu vereinigen.

1984: ESO 1, die erste Chip-Großfabrik des Kombinats Mikroelektronik, startet die Produktion

1984: Um Europa von der amerikanischen und asiatischen Mikroelektronik unabhängiger zu machen, startet Siemens das MEGA-Projekt: 1987 soll ein westdeutscher Megabit-Speicher produktionsreif sein.

1985: Intel stellt mit dem 80-386 seinen ersten 32-Bit-Prozessor vor.

1986: Produktionsstart für den 16-Bit-Prozessor U8000 in Erfurt, ein Nachbau der ZILOG-CPU Z 8000. Parallel dazu bezieht die DDR aus der UdSSR den sowjetischen Intel-Klon K 1810.

1986: Auf Geheiß des Politbüros beginnen Carl Zeiss Jena und das ZFTM das ostdeutsche Megabit-Projekt, um bis 1990 einen Megabit-Speicher in die DDR-Produktion zu überführen. Im gleichen Jahr fasst das Politbüro mehrere Beschlüsse, die eine weitere Forcierung der DDR-Mikroelektronik und einen Umbau des Kombinats Carl Zeiss Jena zur Hochtechnologieschmiede vorsehen. Das ZFTM in Dresden wird wieder aufgespalten in ZMD (Schaltkreisentwickelung) und Elekromat (Technologische Spezialausrüstungen).

September 1988: CZJ-Generaldirektor Wolfgang Biermann übergibt mit viel Tamtam den ersten DDR-Megabit-Chip an Erich Honecker, entwickelt im ZFTM Dresden.

1987-89: Versuch des Politbüros, auch die Reinstsiliziumproduktion in Dresden statt Freiberg/Nünchritz zu konzentrieren, scheitert an Bürgerprotesten und Wende.

1988: 64-Kilobit-Speicher werden in der DDR endlich massenproduktionsreif – damit hängt Ostdeutschland den Japanern sechs Jahre hinterher.

1989: Pilotproduktion des DDR-Megabitchips startet

1989: Erste Muster des ostdeutschen 32-Bit-Prozessors U 80701, entwickelt in Dresden.

Juli 1990: Währungsunion – die DDR-Kombinate werden unrentabel und – wie zum Beispiel Robotron Dresden – aufgelöst.

1993: Der Freistaat Sachsen und ein Bankenkonsortium übernehmen die ZMD GmbH, um einen „Nukleus“ der Dresdner Mikroelektronik für spätere Investoren zu sichern.

1994: Siemens beginnt den Bau seiner ersten Chipfabrik in Dresden.

Ab Mitte der 90er: Mehr und mehr Halbleiterfirmen trennen sich von den eigenen Chipwerken und konzentrieren sich auf den Schalkreisentwurf – der Aufstieg der großen Foundries in Fernost beginnt.

Ende der 90er: Nachdem Konkurrenten wie Cyrix und Centaur die Fahnen streichen, bleibt AMD als einziger ernsthafter Konkurrent für Intel übrig.

1996: AMD baut seine erste Prozessorfabrik (Fab 30) in Dresden.

1997: Die Halbleiterindustrie beginnt auf 300-mm-Wafer umzustellen – und Dresden ist an vorderster Front dabei.

1999: Siemens trennt sich von seiner Halbleitersparte und gründet sie als „Infineon“ aus.

Ab 2000: Die Kosten für Mega-Chipfabriken steigern dramatisch an, der Trend zur Aufteilung der Branche in „fabless Companies“ und „Foundries“ beschleunigt sich.

2000-2002: Infineon, AMD und DuPont bauen das Chipmaskenzentrum AMTC in Dresden.

2003-2005: AMD baut seine zweite Prozessorfabrik (Fab 36) in Dresden.

2004: IBM steigt – ein Viertjahrhundert nach der „Erfindung“ des PCs – aus dem PC-Geschäft aus.

2006: Infineon gründet seine Speichersparte als „Qimonda“ aus.

2007: Erfurter X-Fab übernimmt ZMDs Chipfabrik Z-Founrdy

2009: AMD verkauft seine Chipwerke größtenteils an die arabische ATIC und Globalfoundries entsteht.

2009: Qimonda geht pleite, in Dresden verlieren über 3000 Mitarbeiter ihre Jobs.

2010: Infineon modernisiert und automatisiert seine Dresdner 200-mm-Fabriken.

2010/2011: Globalfoundries baut den Standort Dresden für zwei Milliarden Euro aus.

2011: Infineon kündigt an, die erste Fabrik für Leistungshalbleiter auf 300-mm-Wafern in Dresden einzurichten.

 

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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