Dresden/Oldenburg, 3.2.2012: Der Oldenburger Fotoentwickler „CEWE Color“ (europaweit zirka 2700 Mitarbeiter) übernimmt die Dresdner Online-Druckerei „Saxoprint„. Das teilten Saxoprint und CEWE mit. Über den Kaufpreis wollten beide Parteien nichts verraten. CEWE kündigte weitere Investitionen in den Standort Dresden an. Damit soll „Saxoprint“ auf „eine neue Stufe gehoben“ werden: Der Umsatz soll bis 2016 von derzeit 31,4 auf dann 100 Millionen Euro Umsatz steigen und es sollen rund 300 neue Jobs in Dresden entstehen.
CEWE verfolgt mit der Saxoprint-Übernahme einen ähnlichen Kurs wie viele große Unternehmen: Was an eigenen Kompetenzen in Wachstumsmärkten fehlt, wird zugekauft. So haben es zum Beispiel Intel (Dresdner Mobilfunkfirma Blue Wonder und Infineon-Mobilfunksparte), Google (Übernahme von Motorolas Handy-Produktion) oder die amerikanische Navigeräte-Firma Garmin getan – letztere zum Beispiel angelte sich das deutsche Unternehmen „Navigon“, um Know-How für iPhone-Navigationsprogramme zu erwerben.
CEWE will in Wachstumsmarkt Internetdruck einsteigen
„Wir haben uns Saxoprint ausgesucht, weil wir mit den Dresdner Kompetenzen und den modernen Offset-Druckmaschinen in ein Marktsegment gelangen, das wir bisher nur wenig abgedeckt haben“, erklärte CEW-Vorstand Felix Thalmann. „Durch die Übernahme werden wir zum Vollsortimenter.“
Saxoprint-Hauptquartier bleibt in Dresden
Auch Saxo-Print-Chef Thomas Bohn glaubt: „Wir ergänzen uns sehr gut. Und durch langfristige Verträge ist auch gesichert, dass das Hauptquartier von Saxoprint in Dresden bleibt und hier kein Personal abgebaut wird. Im Gegenteil: CEWE will hier investieren und das wird uns ein Wachstum in andere Regionen ermöglichen.“
CEWE: Mit Analogfotos groß geworden, Digitalkehre aber rechtzeitig geschafft
Um diese Argumentation zu verstehen, muss man ein wenig in die Geschichte beider Unternehmen zurückblicken: Die 1961 gegründete Oldenburger CEWE wurde einst als Entwicklungsfabrik für Analogfotos groß, gründete nach der Wende unter anderem in Dresden-Klotzsche eine Entwicklungsfabrik. Der Marktübergang zur Digitalfotografie bedeutete für das Unternehmen zunächst einen Aderlass, doch der Umbau gelang: Nach Investitionen in Digital-Drucker und den Aufbau neuer Geschäftsfelder wie des Fotobuchs steht CEWE längst wieder gut da. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen europaweit rund 2700 Mitarbeiter, darunter 91 in Dresden, wo neben der Digitalschiene auch spezielles Technologie-Know-How für Analogfotos konzentriert ist.
Mit Digitaldruckern kann CEWE jedoch nur kleine Auflagen bis 500 Exemplare, wie sie im Endkonsumentenmarkt die Obergrenze sind, abdecken. Hier kommt die Offset-Drucktechnik von Saxoprint ins Spiel, mit der CEWE nun auch in den Firmenkundenmarkt mit Auflagen bis zu 200 000 Exemplare voll bedienen kann.
Saxoprint selbst war 1999 zunächst als kleine lokale Druckerei entstanden, profilierte sich aber ab 2006 als Onlinedruckerei. Was heißt: Alle Aufträge werden per Internet abgewickelt, was einen großen Kundenkreis ermöglicht und die Kosten drückt. Solche Online-Unternehmen – die sich mit „Flyeralarm“ in Wilsdruff oder Print24 in Radebeul gerade auch im Raum Dresden konzentriert haben – machen den etablierten klassischen Druckereien zunehmend das Leben schwer.
In jüngster Zeit hatte das Unternehmen mit Sitz im ehemaligen Robotron-Areal an der Dresdner Enderstraße kräftigt investiert und war vor allem in Mittel- und Westeuropa expandiert. So steckte Saxoprint im vergangenen Jahr rund zwölf Millionen Euro in eine hochmoderne – 70 Meter lange und 270 Tonnen schwere – Offset-Druckmaschinenstraße.
Expansion nach Osteuropa im Blick
Während CEWE mit Saxoprint diese Technik übernimmt und in den Wachstumsmarkt Online-Druckereien einsteigt, kann der Dresdner Standort nun zum Beispiel auch die internationalen Vertriebsstrukturen von CEWE nutzen, um nach Osteuropa zu expandieren. Der Markenname „Saxoprint“ werde nicht verändert, betonte Thalmann, auch das Management werde nicht ausgewechselt. Allerdings wird die Geschäftsführung, zu der bisher neben Bohn – vielen als Dynamo-Aufsichtsrat bekannt – auch Klaus Sauer gehört, um den CEWE-Manager Patrick Berkhouwer erweitert.
Wirtschaftsbürgermeister: Das stärkt den Standort
In der Dresdner Wirtschaft und Politik stieß der Coup gestern auf Zustimmung: „Mit CEWE Color steigt ein solider Partner ein, der viel Wert auf Qualität legt“, kommentierte Lars Fiehler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden, die Übernahme. „Anders als andere aus der Branche – man denke nur an Kodak – hat CEWE seinerzeit den Umstieg von der Analog- auf die Digitalfotografie gut und zeitig gemeistert. Hinter vielen der schönen Fotoannahme-Stationen, die man heutzutage in Supermärkten und Drogerieketten findet, steckt in letzter Instanz CEWE.“
Auch Dresdens Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) zeigte sich erfreut: „Mit dem Bekenntnis zum Standort Dresden sind mittelfristig weitere Investitionen und Arbeitsplätze verbunden“, erklärte Hilbert. „Mit dem neuen Gesellschafter CEWE und dessen Finanzkraft kann Saxoprint der nächste Ausbauschritt gelingen. Dies stärkt den Standort Dresden.“ Heiko Weckbrodt.
Kurzporträts:
CEWE Color:
Hauptgeschäftsfeld: Fotodienstleister, kleinere Druckaufträge bis 500 Stück
Stammsitz: Oldenburg
Gegründet: 1961
Personal: ca. 2700 Mitarbeiter an zwölf Standorten in 24 europäischen Ländern – davon 91 Beschäftigte im Fotoentwicklungsbetrieb Dresden-Klotzsche
Umsatz: 469 Millionen Euro (2011)
Sonstiges: CEWE lieferte 2011 rund 2,5 Milliarden Fotos sowie über 5,1 Millionen Fotobücher und Foto-Geschenkartikel aus
Saxoprint:
Hauptgeschäftsfeld: Internetgestützte Druckerei: Broschüren, Flyer, Poster und andere Drucksachen für ca. 150.000 Kunden (2011)
Stammsitz: Dresden
Gegründet: 1999 als kleine Druckerei, ab 2006 als Onlinedruckerei „Saxoprint“
Personal: ca. 370 Mitarbeiter
Umsatz: 31,4 Millionen Euro
Sonstiges: inzwischen auch in Großbritannien, Frankreich, Österreich, Spanien und der Schweiz vertreten
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!