News, Wirtschaft
Kommentare 1

IHK Dresden rechnet mit Fusionswelle in ostsächsischer Wirtschaft

Materialbewegungen werden in den Dresdner Werken fast nur noch durch Roboter erledigt.

Die Industrie im Raum Dresden wird nicht nur von der Elektronik, sondern auch von Maschinenbau und anderen Branchen geprägt, was sie unabhängiger von Leuchttürmen macht als andere Kammerbezirke in Sachsen. Abb.: Infineon

Firmenchefs blicken optimistisch in die Zukunft

Dresden, 24.5.2012: Ein Ende des Wirtschaftsaufschwungs im Großraum Dresden ist vorerst nicht absehbar. Das geht aus der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden hervor. Demnach rechnen 89 Prozent der Industriebetriebe, Dienstleister und Händler in Ostsachsen in naher Zukunft mit einer besseren oder gleichen Geschäftslage, nur elf Prozent mit einer Verschlechterung.

Günter Bruntsch, Abb.:IHK Dresden

Günter Bruntsch, Abb.:IHK Dresden

Eigene Ertragslage reicht oft nicht zum Sprung in nächste Liga

Mittelfristig indes steht die ostsächsische Wirtschaft vor einem grundlegenden Wandel: Viele Unternehmensgründer der Nachwende-Zeit gehen jetzt fast gleichzeitig in den Ruhestand und suchen Nachfolger. Ihre Betriebe haben zwar eine solide Ertragslage erreicht, aber die Gewinne reichen meist nicht, um den Wachstumssprung in die nächste Liga aus eigener Kraft zu schaffen.

Daher sieht IHK-Präsident Günter Bruntsch nun eine Welle von Zusammenschlüssen heranrollen, aus der eine schlagkräftigere sächsische Wirtschaft hervorgehen könnte. Die Kammer verhandele bereits mit dem Wirtschaftsministerium und der Sächsischen Beteiligungsgesellschaft (SBG) über Förderprogramme für solche Fusionen.

„Das ist eine in der deutschen Wirtschaftsgeschichte wohl einmalige Konstellation, dass so viele Unternehmensführer auf einmal in den Ruhestand gehen“, meint Bruntsch. Denn nach dem Zusammenbruch der DDR-Kombinate 1990/91 gingen viele Leistungsträger – damals um die 40 Jahre alt – den Weg in die Selbstständigkeit. Nun, 20 Jahre später, nähern sie sich dem Rentenalter.

Abb.: SMWA

Sie haben ihre Firmen, so sie denn bis heute überlebt haben, nun am Markt etabliert und mit solider Ertragslage. Nur wenige sind in dieser Situation aber geneigt, „auf den letzten Drücker“ vor dem Ruhestand noch einen Großkredit aufzunehmen, um das Unternehmen in die nächsthöhere Klasse zu katapultieren. Zudem sind oft schon alle Immobilien als Sicherheiten für andere Finanzierungen gebunden, so dass eine neue Kreditaufnahme ohnehin schwer wäre.

Viele Regionen sind zu abhängig von wenigen „Leuchttürmen“

Daher sei es an der Zeit, durch Fusionen leistungsstärkere, konzernähnliche Strukturen in Sachsen zu formen, sind viele in der IHK überzeugt. Dies würde auch die Abhängigkeit vieler Regionen von wenigen „Leuchttürmen“ vermindern.

Diese Abhängigkeit zeigt sich auch im innersächsischen Vergleich: Während der Industrieumsatz im – mit Lebensmittelindustrie, Elektronik, Pharmazie und Maschinenbau recht breit aufgestellten – Kammerbezirk Dresden im ersten Quartal 2012 um satte 10,6 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro stieg (berücksichtigt sind nur Firmen mit mindestens 50 Mitarbeitern), sank der Umsatz im Kammerbezirk Chemnitz um 0,3 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro, im Bezirk Leipzig sackte er gar um 7,6 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro ab.

Jeder Modellwechsel bei BMW und VW zieht gesamten Bezirksumsatz nach unten

Die Rückgänge seien durch Sondereffekte bedingt, betonte IHK-Sprecher Lars Fiehler: durch Modellwechsel bei BMW in Leipzig und VW in Mosel samt den Folgewirkungen auf die Automobilzulieferer in beiden Bezirken. Eine breiter aufgestellte Industrie mit mehr großen Unternehmen sei daher auch für diese Kammerbezirke wünschenswert.

 

Die Konjunkturstimmung in der ostsächsichen Wirtschaft. Abb.: IHK Dresden

Die Konjunkturstimmung in der ostsächsichen Wirtschaft. Abb.: IHK Dresden

Mögliche Griechen-Pleite vor Augen: Export-Unternehmen bauen Abhängigkeit von Euro-Zone ab

Eine andere Abhängigkeit bauen die sächsischen Unternehmen derweil bereits ab – die vom Binnenmarkt und den Währungsturbulenzen des Euros: Einerseits sind seit der Weltwirtschaftskrise die Ausfuhren der Sachsen stetig gestiegen, von 19,5 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf 29,3 Milliarden Euro im Jahr 2011. Dabei erzielte die Wirtschaft im Freistaat erzielt einen deutlichen Exportüberschuss von 9,4 Milliarden Euro.

Parallel dazu nimmt der Anteil der Exporte in die Euro-Zone stetig ab. 2011 lag dieser Euro-Exportanteil nur noch bei 27 Prozent (2009: 32 Prozent), während zum Beispiel die Ausfuhren ins Wachstumsland China mittlerweile 13,4 Prozent (2009: 6,9 Prozent) der Exporte ausmachen. Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

1 Kommentare

Schreibe einen Kommentar