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Dresdner Blogger vernetzen sich

Ronny Siegel. Foto: privat

Ronny Siegel. Foto: privat

Orga Ronny Siegel rechnet in Zukunft mit Zusammenschlüssen zu Online-Redaktionen

Dresden, 14. März 2013: In Dresden gibt es inzwischen über 150 „Blogs“, also Internettagebücher, die sich Stadtansichten, Mediengeflüster und Stadtteil-Klatsch ebenso beschäftigen wie mit Statistik, Krafttraining, Techniktrends, Motorrad-Touren oder Straßenkunst – kaum ein Thema ist unberührt. Und die Dresdner Internetautoren beginnen sich zu vernetzen – und deren Blogs* könnten durch das Spezialwissen ihrer Autoren und neue Blinkwinkel eine interessante Ergänzung zu den klassischen Massenmedien werden. Diese Ansicht vertritt Internetberater Ronny Siegel im Anschluss an das heutige „Bloggertreffen Dresden“. Heiko Weckbrodt hat ihn über die Dresdner Szene und seine Prognosen für die elektronische und nichtelektronische Medienlandschaft in Dresden befragt.

Anscheinend definiert sich jeder Blogger anders. Was verstehst Du unter einem „Blogger“?

Ronny Siegel: Das ist jemand, der im Internet regelmäßig über Themen berichtet, die ihn oder sie interessieren.

„Viele stecken da Herzblut hinein“

Kann man davon leben?

Ronny Siegel: Es gibt einige, die von ihren Blogs leben. Allerdings meist nicht allein durch Werbeeinkünfte, sondern durch die zusätzlichen Aufträge für ihr Kerngeschäft, die durch ihre Blog-Aktivitäten bei ihnen landen. Die große Masse betreibt Blogs aber als Hobby – und viele von ihnen stecken da Herzblut hinein.

Welche Funktion würdest Du Blogs im Vergleich zu Zeitungen, Rundfunk oder Fernsehen beimessen?

Ronny Siegel: Einige Leute informieren sich inzwischen ausschließlich mittels Blogs, die nutzen klassische Massenmedien überhaupt nicht mehr. Die meisten Blog-Leser ziehen daraus aber eher zusätzliche Informationen. Man muss bedenken: In der Blogosphäre ist die Beschäftigung mit Nischenthemen, für die sich keine Fachzeitschrift lohnen würde, sehr sehr weit verbreitet. Da sind einige Blogger zu echten Experten in der Nische geworden – seien es nun exotische Strickmuster, Statistiken oder lokale Bräuche.

Wie stark und professionell arbeitet die Dresdner Bloggerszene? In welcher Hinsicht gibt es Nachholbedarf?

52 Prozent aller deutschen Personalchefs recherchieren über Stellenbewerber im Internet, Tendenz steigend. Abb.: Bitkom

Abb.: Bitkom

Ronny Siegel: Das wage ich mir nicht einzuschätzen: Ich kenne keinen, der auch nur halbwegs einen Überblick über die hiesige Bloggerszene hat – dauernd entstehen neue Blogs, andere schlafen ein… Und über die Qualität von Blogs maße ich mir kein Urteil an. Ich habe schon Blogs erlebt, die fand ich grafisch grottig, und doch hatten die enorme Zugriffszahlen – weil die Autoren einfach toll mit ihren Besucher zu interagieren verstanden.

Welche Trends siehst Du in Zukunft in der Szene?

Ronny Siegel: Die Blogger vernetzen sich immer mehr, kooperieren – daraus könnten mal große Projekte entstehen.

Neue Blickwinkel, die in der Presse heute kaum vorkommen

Zum Beispiel?

Ronny Siegel: In den USA sieht man Entwicklungen, dass sich Blogger zu Redaktionen zusammenschließen, um eine breitere Themenvielfalt abzudecken. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Trend mit ein paar Jahren Verspätung auch uns erreicht.

Das hört sich ein bisschen nach dem Konzept einer rein digitalen Zeitung an… Rechnest Du damit, dass Blogs die heutige Presse einmal ablösen werden?

Ronny Siegel: Definitiv nicht. Anders als die klassischen Massenmedien, die sich einer ausgewogenen Berichterstattung verpflichtet sehen, schreiben die allermeisten Blogger aus einer sehr persönlich gefärbten Ich-Perspektive. Deshalb denke ich, dass die Blogosphäre die klassischen Massenmedien nie ersetzen, sondern immer „nur“ ergänzen wird. Aber Blogger bringen spezielles Fachwissen und neue Blickwinkel, neue Themen ein, die in der Presse heute oft kaum eine Rolle spielen. Insofern wären Blogger wie klassische Massenmedien gut beraten, mehr miteinander zu kooperieren als zu konkurrieren.

 

Was ist ein Blog?

*Blog, das (oder: der): Ursprünglich Kurzform für Weblog (Internettagebuch), inzwischen Sammelbegriff für öffentlich zugängliche Internetseiten, die meist von Einzelautoren (inzwischen aber immer öfter auch von Firmen) regelmäßig mit neuen Beiträgen zu diversen Themen gespeist werden. Oft aus der Ich-Perspektive geschrieben.

Abb.: WordPress.org

Abb.: WordPress.org

Für Einsteiger gibt es – oft kostenlose bzw. werbefinanzierte – Dienste wie Googles „Blogger.com“, die gleich mit Editor und Vorlagen versehen sind. Alternativ können sich Blogger Speicherplatz im Internet anmieten und dort mit (meist kostenlosen) Multimedia-Schreibprogrammen wie „WordPress“ ihre Texte, Bilder und Videos publizieren.

Auszugsweise Übersichten über die Dresdner und sächsische Bloggerszene finden sich hier und hier.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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