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Voll elektrisch aus dem Tal gezogen: 100 Jahre Sachsenwerk in Dresden

Ein Sachenwerk-Mitarbeiter justiert einen Läufer in einem tonnenschweren Walzwerk-Motorgehäuse. Foto: Arno Burgi, VEM

Ein Sachenwerk-Mitarbeiter justiert einen Läufer in einem tonnenschweren Walzwerk-Motorgehäuse. Foto: Arno Burgi, VEM

Dresden, 23. Juli 2013: Wer heute im Urlaub mit einem Kreuzfahrtschiff die Meere überquert, die Akropolis in Athen mit öffentlichen Verkehrsmitteln ansteuert oder in der Londoner U-Bahn herumdüst, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit von sächsischer Technik angetrieben. Denn die Elektromotoren und Generatoren, die im Sachsenwerk in Dresden-Niedersedlitz gefertigt werden, sind weltweit im Einsatz: in Lokomotiven und Schiffen ebenso wie in Zementwerken und Windkraftparks. Erst kürzlich haben die zur VEM-Gruppe gehörenden Dresdner einen drei Millionen Euro schweren Auftrag aus Polen erhalten. Dort will der Fahrzeughersteller PESA die VEM-Motorgetriebe in neuartige dieselelektrische Lokomotiven einsetzen.

Hecht-Antriebe und raffinierte Radios

Einen guten Ruf als Elektromaschinenbauer hat das Sachsenwerk seit jeher: Vor 100 Jahren, am 3. März 1903, aus mehreren Vorgängerbetrieben mit etwa 2000 Mitarbeitern gegründet, arbeitete sich das Unternehmen binnen kurzer Zeit zu einem führenden Anbieter im Reich hoch, lieferte beispielsweise die Straßenbahn-Motoren für den legendären „Hecht-Wagen“, machte sich mit ausgeklügelten Radiogeräten einen Namen, rüstete das Pumpspeicherwerk Niederwartha mit Generatoren aus und schnappte sich viele andere Großaufträge.

Kurz-Clip mit alten Sachsenwerk-Radios (hw):

Schlüsselzulieferer für DDR-Wirtschaft

Auch zu DDR-Zeiten war das Unternehmen einer der größten Arbeitgeber in Dresden und profilierte sich zum Schlüsselzulieferer für die gesamte DDR-Wirtschaft – und darüber hinaus. Damals kam auch die Dachmarke „VEM“ („Vereinigung Volkseigener Betriebe des Elektromaschinenbaus“) auf, die das Sachsenwerk bis heute nutzt. Inzwischen wurde die Abkürzung allerdings offiziell in „Vereinigter Elektromaschinenbau“ umgedeutet.

Belegschaft nach der politischen Wende dezimiert

Wie viele andere sozialistische Großbetriebe stürzte die politische Wende 1989/90 das Sachsenwerk in eine tiefe Krise. Massenentlassungen waren die Folge, die Belegschaft dezimierte sich von einst 4800 auf rund 400 Mitarbeiter, der Umsatz fiel von 300 Millionen DDR-Mark (1989) auf umgerechnet 20 Millionen Euro.

Zuletzt steigende Umsätze

Auch in der Londoner U-Bahn steckt Sachsenwerk drin. Abb.: Sachsenwerk

Auch in der Londoner U-Bahn steckt Sachsenwerk drin. Abb.: Sachsenwerk

Die Neuausrichtung nach der Übernahme durch den Blaubeurer Unternehmer Adolf Merckle ab 1997 trug indes nach und nach Früchte: Als Leitbetrieb des neugeschmiedeten VEM-Verbundes – der heute vier Fabriken sowie zahlreiche Vertriebsstätten rund um den Globus umfasst – konnte sich das Sachsenwerk wieder international behaupten, überzeugte mit Qualität, Innovationsgeist und Spezialisierung viele Kunden. Mittlerweile hat die VEM-Gruppe 1700 Mitarbeiter, darunter 612 in Dresden – Tendenz: steigend. Am Hauptstandort Dresden legte der Umsatz im vergangenen Jahr um 5,9 Prozent auf 117,4 Millionen Euro zu.

Motoren mit „Gedächtnis“

Im ersten Halbjahr 2013 ermattete zwar der Rückenwind für die Sachsenwerker: Sorgten die übermannshohen Generatoren für Windkraftanlagen lange Zeit für Wachstum, stagnieren die Auftragseingänge aus dieser Branche inzwischen. Allerdings habe man diese Flaute nun mit neuen Ordern aus dem Verkehrs- und Industriesektor ausgleichen können, betonte Steffi Ehrentraut vom Sachsenwerk. Zudem profiliere sich der Verbund zunehmend erfolgreich als Rundum-Dienstleister und Systemanbieter, vor allem seit der Übernahme der Berliner Systemfirma „Transresch“.

Auch mit weiteren Innovationen will VEM neue Kunden gewinnen: Erst kürzlich stellte das Unternehmen „Gedächtnis“-Industriemotoren mit RFID-Funkchips vor, die im Werk Wernigerode hergestellt werden und deren Kenndaten und Wartungswünsche der Kunde schnell und drahtlos auslesen kann. Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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