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Hamburger Professor will Dresdner Managern mit Musik beibringen, virtuos zu führen

Der Hamburger Professor Jens U. Sievertsen will in der "Zeitenströmung" Dresdner Firmemchefs mit musikalischen  Managerkursen dazu bringen zu verstehen, wie "ihr Unternehmen klingt" und es virtuos zu führen. Foto: Heiko Weckbrodt

Der Hamburger Professor Jens U. Sievertsen will in der „Zeitenströmung“ Dresdner Firmemchefs mit musikalischen Managerkursen dazu bringen zu verstehen, wie „ihr Unternehmen klingt“ und es virtuos zu führen. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresden/Hamburg, 26. August 2013: Anstatt in schier endlosen Manager-Kursen abzuhängen oder klugmeierischen Unternehmensberatern viel Geld in den Rachen zu schieben, sollen Dresdner Firmenchefs durch Musik lernen, Misstöne in der Unternehmenskultur zu erkennen und ihren Betrieb weise zu führen. Ausgedacht hat sich dieses unorthodoxe Konzept der Betriebswirt, Psychologe und Musiker Jens U. Sievertsen. In seiner Heimat Hamburg hat der 68-jährige Professor der Wirtschaftswissenschaften solche musischen Managerkurse nach eigenen Angaben bereits erfolgreich durchexerziert. Nun sind die Dresdner Unternehmensführer dran.

Den Controller hat Sievertsen neben den Pauker gesetzt – und der haut feste drauf. Die Situation ist für den Manager ungewohnt, keine Frage. Aber er hört sich rein und merkt: Viel zu laut! Wenn das Controlling auf die Pauke haut, sind die zart klagenden Bratschen der Entwicklungsabteilung kaum noch zu hören. Eines aber verbindet alle Abteilungsleiter im Orchester: Keiner wagt es, so recht aus sich herauszugehen – bis der dominante Geschäftsführer da vorn am Dirigentenpult endlich den Fuß vom Podest zurückzieht…

Initiator: Ziel eines Unternehmens ist ein Erlebnis, keine Zahl

Was Sievertsen mit den Männern und Frauen in seinen „Managementkursen“ tut, ist schwer in Worte zu fassen und dies gehört wohl zum Konzept: Statt Probleme im Unternehmen rational durchzuanalysieren, setzt der blonde Hanseat auf Emotionalisierung. „Wenn Sie sich die Berater von McKinsey ins Haus holen, wird meist auf numerischen Zielen wie Gewinn und Umsatz herumgeritten“, sagt Sievertsen. „Ich meine aber, das Ziel eines Unternehmens ist ein Erlebnis. Zum Beispiel der Einklang aller Mitarbeiter, die ja der Intelligenzpool jedes Unternehmens sind: ,Wir sind beispielgebend für die ganze Branche’.“

Abb.: Sievertsen

Abb.: Sievertsen

Vorstellen kann man sich die Methode etwa so: Im Plenum äußern Chefs und Abteilungsleiter zunächst empfundene Probleme im Unternehmen und ihre Verbesserungsideen. Die werden dann in der Klausur mit der engeren Führungsriege Tönen zugeordnet, der Professor sucht schließlich ein passendes Musikstück aus. Dann trommelt er ein Orchester zusammen (im Hamburg waren es die dortigen Sinfoniker) verteilt die Manager neben die Instrumentengruppen und dann wird gespielt und improvisiert – solange, bis alle gelernt haben, aufeinander zu hören und Dissonanzen verschwunden sind. Und der Chef endlich weiß: „So klingt mein Unternehmen“. In Einzelgesprächen wird dies ausgewertet und auf die Unternehmenskultur übertragen.

Musik soll Paradoxien lösen

Diese erlebnisorientierte, emotionale Art der Konfliktlösung eigne sich gut, um Paradoxien aufzulösen, meint der Initiator. „Wenn zum Beispiel die Führung fordert: Alles muss schneller gehen! Aber die Entwickler sagen: Dann leidet die Qualität! – dann ist das zunächst ein scheinbar unlösbares ,Entweder-oder’“. Von der Musik geführt, werde daraus jedoch ein „Sowohl-als-auch“.

Das Pilotprojekt mit einer Hamburger Bank habe so gut funktioniert, dass die einstige Krisenfirma zweimal zum besten Arbeitgeber der Stadt gewählt wurde, berichtet Sievertsen. Weitere Unternehmen im Norden folgten diesem Muster. Nun will der Professor das Konzept „Virtuos führen in Unternehmen“ die Elbe stromaufwärts tragen: Noch in diesem Jahr sollen die ersten Dresdner Mananger in der „Zeitenströmung“ an der Königsbrücker Landstraße Einklang durch Musik üben. Welches Dresdner Orchester dabei hilft, steht allerdings noch nicht fest. Sievertsen: „Ich suche noch.“ Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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