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Forscher entwickeln selbstheilende Autolacke

Noch eine Zukunftsvision, aber gar nicht mehr weit weg: Heißluft löst Selbstheilung von Lackkratzern am Auto aus. Foto/Montage: Heiko Weckbrodt

Noch eine Zukunftsvision, aber gar nicht mehr weit weg: Heißluft löst Selbstheilung von Lackkratzern am Auto aus. Foto/Montage: Heiko Weckbrodt

Polymere reparieren sich nach Hitzeschock immer wieder

Karlsruhe/Dresden, 9. April 2014: Chemiker aus Karlsruhe, Dresden und Canberra Forscher haben neue selbstheilende Materialien entwickelt, die sich selbst automatisch repartieren, wenn es wärmer wird – und dies beliebig oft. Die Forscher sehen mögliche Einsatzfelder zum Beispiel im Automobil- und Flugzeugbau, aber auch in 3D-Druckern.

Vision: Mit dem Fön drüber und der Lack ist wie neu

Noch ist es eine Vision, die aber gar nicht mehr so weit von der Praxis entfernt ist: Hat wieder mal so ein Rammel-Fredi unser geliebtes Auto auf dem Parkplatz zerschrammt, während wir einkaufen waren, müssen wir uns in Zukunft keinen Werkstatt-Stress mehr machen. Einfach einen Fön geschnappt, den Lack heiß machen – und nach wenigen Minuten schließen sich sich die Schrammen wie von Wunderhand, das Automobil glänzt wieder wie am ersten Tag.

Spezialmoleküle haken sich immer wieder zur Ursprungsform zusammen

Wenn das Material abkühlt, haken die Funktionsgruppen (grün) die Polymere wieder zusammen und reaprieren so Schäden. Abb.: IPFDD

Wenn das Material abkühlt, haken die Funktionsgruppen (grün) die Polymere wieder zusammen und reaprieren so Schäden. Abb.: IPFDD

Möglich machen sollen die spezielle Polymere, langverkettete Moleküle aus Kohlenwasserstoff-Verbindungen, die nun vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden (IPFDD), Evonik Industries und der australischen Uni Canberra entwickelt wurden. Diese Atomketten haben spezielle Funktionsmoleküle an den Enden. Diese funktionieren wie Karabinerhaken, wenn das Material erhitzt wird: Sie lösen die Polymere voneinander, zerlegen sie in ihre Basisbausteine. Kühlt der Stoff wieder ab, knüpfen diese Haken wieder die ursprünglichen Netze zusammen, die früheren Formen werden wiederhergestellt – die Schadstellen heilen sich von selbst.

IPF Dresden: Selbstheil-Stoffe sind besonders stabil

„Unsere Methode ist vollkommen katalysatorfrei, sie benötigt keinerlei Zusatzstoff“, betonte KIT-Professor Christopher Barner-Kowollik, der das Projekt leitet. Der entdeckte Prozess habe den Vorteil, dass sich der Selbstheilungsmechanismus beliebig oft auslösen lasse. Dass würde im Autolack-Beispiel heißen: Die Heißluftpistole oder der Fön kann immer wieder Kratzer reparieren. Verstärkt man die Polymere mit Kohlenstofffasern, ist aber auch ein Einsatz in Luft- und Raumfahrt denkbar. „Diese Materialien sind ausgesprochen stabil, wie unsere Tests gezeigt haben“, betonte Josef Brandt vom IPF Dresden, das die bei Evonik probegefertigten Selbstheilstoffe analysiert hat.

Superfeste Unikate aus dem 3D-Drucker vorstellbar

Vorstellbar sei daher auch, auch 3D-Drucker mit den Spezialpolymeren zu füttern: Diese 3D-Drucker können heute zwar schon nahezu beliebige Kunststoffteile erzeugen, diese sind aber meist nicht besonders mechanisch beanspruchbar. Mit den KIT-Materialien könnten sich auch hier ganz neue Möglichkeiten eröffnen, superfeste Ersatzteile und Unikate anzufertigen. Autor: Heiko Weckbrodt

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