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Vom Holz-Fahrrad bis zum Alles-Replikator

Das "Nemus"-Fahrrad der Dresdner Firma "LignoTube" ist zu großen Teilen aus Hlz gefertigt. Es soll Holperpisten besser wegstecken als Alu-Räder. Foto: Robert Gebler, LignoTube

Das „Nemus“-Fahrrad der Dresdner Firma „LignoTube“ ist zu großen Teilen aus Holz gefertigt. Es soll Holperpisten besser wegstecken als Alu-Räder. Foto: Robert Gebler, LignoTube

Dresdner Werkstoff-Forscher führen ihre Erfindungen der Wirtschaft vor

Dresden, 21. Oktober 2014: Was haben ein hölzernes Designer-Fahrrad, industrielle 3D-Drucker, die selbst die ausgefallensten Werkstücke herstellen können, und Keramikfilter für abgasfreie Lkws miteinander gemein? Sie wurden und werden im Dresdner Werkstoffforschungs-Cluster „ECEMP“ entwickelt, in dem sich 40 Professuren aus 24 Instituten mit rund 300 Wissenschaftlern zusammengetan haben. Am Donnerstag und Freitag wollen sie ihre neuesten Erfindungen auf einem TU-Kolloquium der Wirtschaft vorstellen.

ECEMP-Cluster stellt sich Industrie vor

Angelos Filippatos vom Leichtbau-Institut der TU Dresden zeigt eine Turbinenschaufel aus Kohlefaser-Verbundstoffen, die mit Sensoren und Aktuatoren gefüttert ist . sie soll Materialermüdungen im laufenden Flug-Betrieb selbst diagnmostizieren und teils ausgleichen können. Foto: ECEMP

Angelos Filippatos vom Leichtbau-Institut der TU Dresden zeigt eine Turbinenschaufel aus Kohlefaser-Verbundstoffen, die mit Sensoren und Aktuatoren gefüttert ist. Sie soll Materialermüdungen im laufenden Flug-Betrieb selbst diagnmostizieren und teils ausgleichen können. Foto: ECEMP

„Dresden war schon immer stark in der Materialforschung“, betonte Mitorganisatorin Silke Ottow vom „European Centre for Emerging Materials and Processes Dresden“ (ECEMP). „Mit unserem Kolloquium wollen wir erreichen, dass diese Erkenntnisse auch eine Anwendung finden.“ Sie rechnet zur zweitägigen Veranstaltung im „Dorint“-Hotel mit rund 120 Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern aus Sachsen und ganz Deutschland.

Dresdner LignoTube mit Fahrrad aus Hightech-Holz

Zu ihnen gehören auch Curt Beck und Robert Taranczewski vom jungen Dresdner Unternehmen „LignoTube“. Der 30-jährige Verfahrenstechniker und der 32-jährige Designer haben mit dem „Nemus“ ein Fahrrad entwickelt, das zu großen Teilen aus einem in der Zweiradindustrie eher seltenen Material besteht: aus Holz. Allerdings nicht aus irgendwelchen Wald- und Wiesenknüppeln, sondern besonders leichten und stabilen Röhren, die aus Holzfurnier-Streifen kreuzweise zusammengefügt wurden – mit einer Technologie, wie sie ähnlich auch in der Fertigung von Hightech-Kohlenfaserverbundstoffen eingesetzt wird.

Keine Angst: Das verfault nicht

Die Leichtbau-Holzröhren von LignoTube werden ähnlich wie CFK-Verbundstoffe gefertigt. Foto: Robert Gebler, LignoTube

Die Leichtbau-Holzröhren von LignoTube werden ähnlich wie CFK-Verbundstoffe gefertigt. Foto: Robert Gebler, LignoTube

Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Ein nicht mal zehn Kilogramm leichtes Fahrrad aus Holzröhren, das Erschütterungen auf Holperstraßen besser wegsteckt als zum Beispiel Zweiräder aus Alu – und einfach chic aussieht. Aber verfault solch ein Hingucker nicht im Regen oder zerbricht beim ersten Sturz? Keine Bange, versichert LignoTube-Mitgründer Taranczewski. „Wir haben die Röhren speziell beschichtet, damit das nicht passiert. Natürlich muss es gepflegt werden, ähnlich wie ein Bootsrumpf. Aber unser Fahrrad ist sicher und zerbricht nicht.“

Leicht-Zweirad als Beispiel für nachhaltigen Ressourceneinsatz

Mit 5000 Euro aufwärts ist das Dresdner Holzfahrrad zwar nicht gerade billig und vielleicht ist dies auch ein Grund, dass das erst vor anderthalb Jahren als TU-Ausgründung entstandene Unternehmen bisher noch kein einziges Exemplar verkauft hat. Aber man stehe ja noch ganz am Anfang, betont Taranczewski, jetzt werde eine erste Serie von 50 Stück in Dresden produziert. Zudem arbeite LignoTube daran, das Fahrrad noch leichter zu machen, indem noch mehr Metallteile durch Holz ersetzt werden. Und: Die beiden Tüftler sehen das Rad nur als erstes Anwendungsbeispiel für ihre Hightech-Röhren, als Auftakt für einen breiten Einsatz des ökologisch nachhaltigen Werkstoffes in der Industrie.

„3D-Drucker“ für die Industrie kommen auch mit Metallen klar

Additiv-generativ erzeugtes Titan-Bauteil für Flugtriebwerke. Foto: IWS

Additiv-generativ erzeugtes Titan-Bauteil für Flugtriebwerke. Foto: IWS

Neue Wege gehen Dresdner Forscher und Tüftler aber nicht nur beim Werkstoff Holz: Auf dem ECEMP-Kolloquium wollen sie beispielsweise auch Textilfaser-Verbundstoffe, schonende Fügeverfahren für Leichtbau-Autos und sogenannte „Additiv-Generative“ Automaten vorstellen. Hinter letzteren stecken übrigens Maschinen, an die die Industrie weltweit große Hoffnungen knüpft: Anlagen, die man mit einem beliebigen Entwurf per Computermodell füttert und die das Produkt dann Schicht für Schicht mit Laseraufschmelze zusammensetzen – ähnlich wie bei den 3D-Druckern, die neuerdings für Hightech-Bastler angeboten werden, nur mit einem wichtigen Unterschied: Statt aus weich-labilem Kunststoff erzeugen diese Dresdner Automaten die Werkstoffe aus Metallen und anderen harten Materialien. Der „Replikator“ aus dem Fernseh-Raumschiff „Enterprise“ lässt grüßen…

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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