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Warum geht der Wutbürger für oder gegen Pegida & Co. auf die Straße?

Wutbürger gegen Wutbürger? Pegida-Demonstration gegen Einwanderung am 1. Dezember 2014 - und links daneben die Gegendemo der "Antifa" Foto: Heiko Weckbrodt

Wutbürger gegen Wutbürger? Pegida-Demonstration gegen Einwanderung am 1. Dezember 2014 – und links daneben die Gegendemo der „Antifa“ Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner Politologe untersucht Rollenwandel des „guten Bürgers“

Dresden, 2. Dezember 2014. Was treibt den Bürger auf die Straße, um mit oder gegen „Pegida“ zu marschieren? Für oder gegen die Waldschlösschenbrücke, „Stuttgart 21“ oder dergleichen einzutreten? Was uns zu der Frage führt: Was ist eigentlich ein „guter“ Bürger und wie haben sich das Selbstbild des „politischen Bürgers“ und die gesellschaftlichen Erwartungen an selbigen vom „Tüchtigkeits“-Ideal des antiken Römers bis hin zum „Wutbürger“ unserer Zeit gewandelt? Nachgehen will diesem hochaktuellen Thema in einem Forschungsprojekt „Der gute Bürger“ nun der Politologe Prof. Hans Vorländer, der an der TU Dresden das „Zentrum für Verfassungs- und Demokratieforschung“ leitet.

Das Ad-hoc-Prinzip und der „Wutbürger“

Prof. Hans Vorländer. Foto: TU Dresden

Prof. Hans Vorländer. Foto: TU Dresden

„Ein Ausgangspunkt für mich waren die jüngeren Diskussionen um den sogenannten ,Wut-Bürger’, der zum Beispiel ad-hoc gegen oder für Großprojekte, für oder gegen Einwanderung auf die Straße geht“, sagt Vorländer, der von einem regelrechten „Ad-Hoc-istischen Prinzip“ (lat.: für den Augenblick) beim modernen Bürger spricht. „Während der Bürger heute immer weniger einem langfristigen Engagement etwa in Parteien, religiösen Gemeinschaften oder Gewerkschaften zugeneigt ist, engagiert er oder sie sich schnell und akut für oder gegen eine Sache und bringt dabei oft auch erhebliche Expertise zum Beispiel in Naturschutzfragen oder Planungsrecht ein“, meint der Professor.

„Shit Storms“ als Facette des modernen Bürgers

Eine weitere Facette dieses Phänomens seien die sogenannten „Shit storms“ (Scheiße-Stürme), die heute von einem Moment auf den anderen durch erboste Bürger in den Internet-Netzwerken wie Facebook oder Twitter über provokante Personen oder Organisationen hereinbrechen können.

Zweijährige Inhaltsanalysen geplant

Ein Ziel des von der Fritz-Thyssen-Stiftung finanzierten Forschungsprojektes sei es, durch Inhaltsanalysen in klassischen Medien, in Internet-Netzwerken, Verlautbarungen von Selbsthilfegruppen und anderen Quellen herauszuarbeiten, wie sich der „gute“ Bürger von heute selbst definiert und welche Erwartungen andererseits „die Gesellschaft“ habe, wie solch ein Bürger aussehe, sagt Vorländer. In etwa zwei Jahren will er die Ergebnisse vorlegen. Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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