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Leibniz-Forscher wollen Menschen einen Magnetsinn verleihen

Müssen Hänsel und Gretel in Zukunft nur noch die Hand auszustrecken, um den Weg nach Hause per Magnetsinn zu erfühlen? Fotos (bearbeitet): Paramount, IFW Dresden, Montage: hw

Müssen Hänsel und Gretel in Zukunft nur noch die Hand auszustrecken, um den Weg nach Hause per Magnetsinn zu erfühlen? Fotos (bearbeitet): Paramount, IFW Dresden, Montage: hw

Superdünne und extrem streckbare Sensorfolien am IFW Dresden entwickelt

Dresden, 4. Februar 2015: Über Hänsel und Gretel aus Grimms Märchen können die Kinder von heute eigentlich nur noch albern kichern? Warum sich auf unzuverlässige Brotkrumen-Navigation verlassen, da man als Waise in spe doch nur das Smartphone zücken muss, um sich per GPS zu den Rabeneltern zurückleiten zu lassen? Doch selbst das wird in vielleicht zehn Jahren antik wirken, wenn es nach Dresdner Leibniz-Forschern geht. Die nämlich wollen den Menschen der Zukunft mit einem sechsten Sinn für Magnetfelder versehen. Sprich: Ihre Gretel 3.0 muss nur noch die Hand auszustrecken, um die Feldlinien zu erspüren, die den Weg nach Hause weisen.

Polymer-Sensoren lassen sich sogar schadlos zerknüllen

Die Magnetsensor-Folien auf einer Seifenblase. Foto: IFW Dresden

Die Magnetsensor-Folien auf einer Seifenblase. Foto: IFW Dresden

Das klingt wie Science Fiction, ist aber inzwischen in greifbare Nähe gerückt. Möglich machen sollen dies neuartige ultradünne und dehnbare Magnetsensoren, die Forscher des „Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung“ (IFW) Dresden nun gemeinsam mit japanischen Kollegen entwickelt haben. Sie haben dafür Polymerfolien mit Kobalt, Kupfer und anderen Dünnschicht-Werkstoffen metallisiert, so dass sie als magnetische Sensoren funktionieren. Diese Sensorfolien sind weniger als zwei Mikrometer (Tausendstel Millimeter) dünn, zudem extrem streckbar und biegbar, ja sogar zerknüllbar, ohne kaputt zu gehen. Auch wiegen sie nur drei Gramm pro Quadratmeter und sind damit so leicht, dass sie sogar auf einer Seifenblase platziert werden können, ohne dass die zerplatzt.

Handschuh als künstliche Navi-Haut

Dr. Denys Makarov. Foto: IFW Dresden

Dr. Denys Makarov. Foto: IFW Dresden

Wozu das gut ist? „Wir haben hier eine sehr preisgünstige Technologie entwickelt, die in Zukunft Menschen einen weiteren Sinn neben Sehen, Hören oder Riechen verleihen kann, nämlich den Magnetsinn“, schätzte Dr. Denys Makarov vom IFW ein. Weil sie so dünn und dehnbar sind, könne man die IFW-Sensoren zusammen mit biegsamen Bildschirmen zum Beispiel in intelligenten Handschuhen verweben, die der Mensch dann wie eine künstliche Haut mit Navigationsfähigkeit überstreift.

Frühwarner gegen den Herzkasper: Auch Implantation unter die Haut denkbar

Sogar eine chirurgische Implantation in menschliches Gewebe sei vorstellbar. Beim letzteren Szenario – das vielleicht nicht jedem gefallen mag – denken Makarov und seine Kollegen aber auch eher an medizinische Zwecke: Indem hauchdünne Sensor-Folien über den Muskeln die Mikromagnetfelder im Körper auswerten und so zum Beispiel vor nahenden Herzanfällen von Risikopatienten automatisch warnen.

Auch Gummi-Roboter wollen Magnetfelder spüren

In näherer Zukunft liegt aber wohl der Einsatz in der Robotik: In besonders sensiblen Fertigungs- und Sortierprozessen werden nämlich teils heute schon – wenngleich noch experimentell – sogenannte „Soft-Roboter“ eingesetzt: Gummiroboter zum Beispiel, die anders als ihre grobmotorischen Stahlkollegen auch hochempfindliche Montageteile manipulieren können, ohne sie zu zerbrechen. Dort wären die Sensorfolien beispielsweise einsetzbar, damit die Roboter die Position ihrer Arme präzise kontrollieren können.

Technologie soll binnen zehn Jahren praxisreif sein

Noch sei bis zum Praxiseinsatz einige Entwicklungsarbeit zu leisten, räumt Dr. Makarov ein. „Aber da sprechen wir nicht mehr von Jahrzehnten, sondern höchstens noch zehn Jahren.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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