Dresden-Lokales, Kommentar & Glosse

Kommentar: Ab nach Bulgarien – in den Tod?

Zum Bericht „Vom zerstörten Aleppo nach Dresden

Peter Weckbrodt. Foto: hw

Peter Weckbrodt. Foto: hw

Dresden, 26. Februar 2015. Was tun mit einem Asylbewerber wie Mazlum Baker, dessen Antrag bereits in Bulgarien bestätigt wurde, der dennoch, ausgestattet mit einem bulgarischen Pass, weiter nach Deutschland, ins gelobte Land, getrampt ist? Nun sitzt der Syrer hier in Dresden, denkt mit Verzweiflung an das, was ihm bei der Rückkehr nach Bulgarien droht. Er war ja schon dort, kennt die Verhältnisse, hat dort sogar im Gefängnis gesessen. „In Bulgarien sterbe ich, da gehe ich lieber zurück ins heimatliche, kriegszerstörte Aleppo“, so sein resignierender Entschluss. Dabei hatte er sich doch eine Zukunft mit Arbeit, Wohnung, vielleicht auch mit Familie, hier in Dresden, vorgestellt.

Abschiebung eines Kriegsflüchtlings schwer nachvollziehbar

Schwer nachvollziehbar wäre sicher die Abschiebung des 25-jährigen Syrers für die freiwilligen Helfer aus der Kirchgemeinde Dresden-Blasewitz, die Asylbewerbern aus dem Irak, aus Afghanistan, Syrien, Russland und Tschetschenien zweimal wöchentlich die Anfänge der deutschen Sprache beibringen wollen. Auch beim Einkauf, beim Besuch des Cafés, beim Start in den deutschen Alltag helfen sie ihnen und eben auch Mazlum Baker – trotz Abschiebe-Bescheid, einfach aus christlicher Nächstenliebe!

Margit Schönhöfer war früher Deutschlehrerin - jetzt bringt sie ehrenamtlich im Gemeidnesdaal der Versöhnungskirche Dresden-Striesen Flüchtlingen Deutsch-Grundkenntnisse. Zu ihren Schülern gehört auch der Sysrer Mazlum Baker, der auf ein sicheres Leben in Deutschland gehofft hatte - nun droht ihm die Abschiebung. Foto: Peter Weckbrodt

Margit Schönhöfer war früher Deutschlehrerin – jetzt bringt sie ehrenamtlich im Gemeidnesdaal der Versöhnungskirche Dresden-Striesen Flüchtlingen Deutsch-Grundkenntnisse. Zu ihren Schülern gehört auch der Sysrer Mazlum Baker, der auf ein sicheres Leben in Deutschland gehofft hatte – nun droht ihm die Abschiebung. Foto: Peter Weckbrodt

In letzter Konsequenz bleibt nur gefährlicher Seeweg

Was ist hier richtig, zählen hier allein Recht und Gesetz? Das ist einer von mehreren Vorzügen, die die Asylsuchenden ja gerade an Deutschland schätzen und zum Motiv ihrer Flucht in eben dieses Deutschland machen. Muss prinzipientreu gehandelt, also abgeschoben werden, dorthin, wo der Flüchtling die EU-Zone erstmals betritt? Selbst wenn ihm dort die soziale Not jegliche Perspektive verweigert? Soll denn in letzter Konsequenz den Flüchtlingen aus den Krisen- und Kriegsgebieten des Nahen und Mittleren Ostens wirklich nichts anderes übrig bleiben, als auf ihrem Weg nach Mitteleuropa einen Riesenbogen um den Balkan machen, als den hochgefährlichen Seeweg übers Mittelmeer zu nehmen?

Stetige Ausnahmen höhlen aber eben auch den Rechtsstaat aus

Allerdings: Viele Flüchtlinge argumentieren, es sei nicht allein der höhere Lebensstandard, der sie nach Deutschland ziehe, sondern auch die Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik. Doch die hat eben nicht nur Zuckerseiten. Eben diese Rechtsstaatlichkeit wird nämlich ausgehöhlt, wenn stetig Ausnahmen von Recht und Gesetz eingefordert werden.

Hier ist wohl vor allem eines gefragt: politische Weisheit. Kommentar: Peter Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt