Thermoelektrik-Experte Kornelius Nielsch wechselt zum IFW Dresden
Dresden, 27. März 2015: Wer versucht, Wärme direkt in Strom umzuwandeln, muss sich auf magere Ausbeute einstellen – der Wirkungsgrad dieser Energietransformation gilt als gering. Dies mit Hilfe von Nanotechnologie zu ändern und auch neue Anwendungen für thermoelektrische Wandler zu finden, hat sich Prof. Kornelius Nielsch auf die Fahnen geschrieben, der ab 1. April 2015 das Teilinstitut für Metallische Werkstoffe im Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) Dresden leitet. Der 42-jährige Physiker wechselt von der Uni Hamburg ans IFW und löst dort den Dresdner Supraleit-Guru Prof. Ludwig Schultz ab, der inzwischen in den Ruhestand gegangen ist.
Neuer wissenschaftlicher Fokus für Leibniz-Institut
Mit Nielsch werden das Teilinstitut wie auch das ganze IFW eine neue wissenschaftliche Ausrichtung erhalten: In den vergangenen Jahrzehnten hatten sich das IFW und dessen Vorgängerzentrum an der DDR-Akademie der Wissenschaften in hohem Maße auf die Erforschung von Hochtemperatur-Supraleitern konzentriert – in der Hoffnung, damit hocheffektive Maschinen und Kabel zu entwickeln, die Strom widerstandslos leiten. Zwar erzielten die Dresdner Forscher dabei bemerkenswerte wissenschaftliche Fortschritte, konnten mit der „Evico“ auch eine Supraleit-Stromkabelfirma ausgründen. Doch der ganz große wirtschaftliche Durchbruch für die Supraleitung ist bis heute ausgeblieben.
Supraleit-Blütenträume bis heute unerfüllt
„Die Blütenträume der 1990er, in spätestens fünf Jahren werde es Supraleitanlagen in jedem Haushalt geben, haben sich leider nicht erfüllt“, schätzte der wissenschaftliche IFW-Direktor Prof. Manfred Hennecke im Oiger-Gespräch ein. Daher werde man die Supraleit-Arbeiten am Institut zwar fortführen, aber in geringerem Umfang als früher. Andere Forschungsgebiete, die in näherer Zukunft einen praktischen Nutzen versprechen, rücken nun stärker in den Fokus – und dabei soll auch der neuberufene Professor Nielsch helfen.
Sonnenferne Raumsonden speisen sich thermoelektrisch – doch der Wirkungsgrad ist bisher niedrig
Dessen Spezialgebiet, die Thermoelektrika, sind an für sich eine bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannte Technologie. Im Kern geht es um bestimmte Werkstoffe, die spontan Elektrizität erzeugen, wenn sie erhitzt werden – und umgekehrt. Wegen des geringen Wirkungsgrades blieb diese Stromerzeugungs-Methode bisher jedoch auf wenige Einsatzfelder beschränkt. So haben Tiefen-Raumsonden wie die „Voyager“-Raumschiffe der NASA das Problem, dass sie zu weit von der Sonne unterwegs sind, um mit Solarsegeln genug Strom für ihre Instrumente zu erzeugen. Daher haben sie Plutonium oder andere radioaktive Stoffe an Bord. Die stecken aber nicht in Kernreaktoren, sondern erzeugen Strom thermoelektrisch, weil diese Elemente durch ihre natürlichen Zerfallsprozesse über Jahrzehnte hinweg Wärme abgeben.
Nanotechnologie und Designer-Werkstoffe sollen für Thermoelektrik-Schub sorgen
Inzwischen sind aber viele Forscher überzeugt, dass sich thermoelektrische Stromerzeugung auch erdnäher einsetzen lässt, zum Beispiel, um die bisher sinnlos verpulverte Abwärme von Automotoren als Batterielade-Strom zu verwerten. Sie wollen dafür neuartige Designerwerkstoffe entwickeln beziehungsweise Nanotechnologie einsetzen. Autor: Heiko Weckbrodt
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