Stadtentwässerung will bald auch Kantinenabfall verstromen und so energie-autark werden
Dresden, 25. April 2015. Nach Fett und Fäkalien wollen die Ökoenergie-Fans bei der Stadtentwässerung Dresden künftig auch Kantinen-Bioabfälle verstromen und dadurch ihrem Ziel näherrücken, die Kläranlage Dresden-Kaditz vollständig energie-autark zu machen.
Millionen-Investition in Kaditz wird geprüft
Geplant ist, für einen einstelligen Millionenbetrag eine Hygienisierungs-Anlage in Kaditz zu bauen, um die Küchenabfälle dann zu Biogas und letztlich Strom und Wärme weiterverarbeiten zu können. Das kündigte Ralf Strothteicher, der Technikchef der Stadtentwässerung Dresden, im Vorfeld des heutigen „Tages der erneuerbaren Energien“ an. Zwar sei das letzte Wort über diesen Schritt noch nicht gesprochen. „Wir würden uns damit ja auch in einen für uns neuen und umkämpften Markt der Abfall-Entsorgung begeben und prüfen noch die Rentabilität der dazu nötigen Investitionen“, sagte er. „Aber die Tendenz geht in Richtung: Ja.“
Kläranlage Kaditz deckt jetzt schon 60 bis 90 % ihres Energiebedarfs selbst
Die Kläranlage Kaditz reinigt derzeit das Abwasser von rund 650.000 Menschen im Großraum Dresden. Durch millionenschwere Investitionen in Biogas-Fauleier, Solaranlagen, Brennstoffzellen und Erdwärme-Schächte deckt der Anlagenpark bereits jetzt – je nach Jahreszeit – 60 bis 90 Prozent des eigenen elektrischen und thermischen Energiebedarfes, teilte Strothteicher mit. „Daher ist unser Ziel, die Energieautarkie, gar nicht mehr so weit weg in der Zukunft“, sagte er.
Bakterien in Rieseneiern machen aus Kacke Biogas
Den mit Abstand größten Beitrag zur Eigenversorgung der Kläranlage Kaditz leisten die sogenannten „Fauleier“: zwei jeweils 35 Meter hohe und ei-förmige Vergärungstürme, die die Stadtentwässerung Ende 2011 in Betrieb genommen hatte. Dort hinein pumpt sie täglich rund 1000 Kubikmeter Schlamm aus dem fäkalienreichen Dresdner Abwasser. Bakterien wandelt dort den Schlamm zur Hälfte in Biogas um, das dann drei Blockheizkraftwerke und eine große Brennstoffzelle antreibt. Die erzeugte Wärme wird genutzt, um die Bakterien bei Laune, nämlich bei einer Wohlfühltemperatur von 39 Grad Celsius zu halten. Der gewonnen Strom fließt in die Eigenversorgung der Anlagen. Unterm Strich deckt die Stadtentwässerung allein mit ihren Rieseneiern rund 70 Prozent des eigenen Wärmebedarfs.
Küchenfett wirkt wie Booster auf Energieproduktion
Neben leckeren menschlichen Ausscheidungen stopfen die Eier-Wärter aber nicht nur Schlamm in die großen Bioreaktoren, sondern auch Fettreste aus Dresdner Gaststätten und Hotels. Und als sich die Techniker die Energie-Diagramme nach solchen „Boostern“ einmal in Ruhe angesehen hatten, dämmerte die Erkenntnis: Das Küchenfett verleiht der Energieproduktion erst richtigen Schub. „Daher gilt bei uns: Fett ist uns das liebste“, sagte Ralf Strothteicher augenzwinkernd.
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Bioabfälle als zu unsauber verworfen
Eine Zeit lang habe man auch überlegt, in die Eier die Bioabfälle aus Dresdens Haushalten hineinzustopfen, berichtete der Technikchef und Prokurist. Die Idee habe man aber wegen der Verunreinigungen und vielen Rückstädte, die zu erwarten gewesen wären, wieder verworfen.
Küchenabfall-Verfaulung könne Ende 2016 beginnen
Als energetisch interessanter eingestuft hätten die Techniker aber eben das Konzept, auch die Bio-Abfälle von Kantinen und Mensen in Kaditz verfaulen zu lassen und in Biogas zu verwandeln. Allerdings müsste die Stadtentwässerung dafür neue Anlagen installieren, die diese Abfälle auf 70 Grad erhitzen und dadurch – gemäß den gesetzlichen Auflagen – „hygienisieren“. Sollte die Rentabilitäts- und technische Prüfung positiv ausfallen, könnte die Stadtentwässerung etwa Ende 2016 damit beginnen, die Küchenreste zu verstromen. Autor: Heiko Weckbrodt
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