Wirtschaft

Elaskon schmiert China

Elaskon-Chef Karl Schwald will, dass sein Unternehmen in Dresden gesund wächst und die Mitarbeiter dabei mitnimmt. An überhastetem Wachstum, so sagt er, habe  sich schon mancher Mittelständler verhoben. Foto: Heiko Weckbrodt

Elaskon-Chef Karl Schwald will, dass sein Unternehmen in Dresden gesund wächst und die Mitarbeiter dabei mitnimmt. An überhastetem Wachstum, so sagt er, habe sich schon mancher Mittelständler verhoben. Foto: Heiko Weckbrodt

Auto wird im Reich der Mitte zum Statussymbol – das nun mit Mitteln aus Dresden gepflegt wird

Dresden/Shanghai, 27. Mai 2015. Ein Umdenken in China beschert dem Dresdner Chemie-Unternehmen Elaskon steigende Umsätze: Statt ihre Autos auf Verschleiß zu fahren, wollen junge, aufstrebende Chinesen neuerdings ihre rollenden Status-Symbole auch pflegen. Und dafür schwören sie auf Schmier- und Konservierungsmittel aus Dresden. Die hatte Elaskon ursprünglich zu DDR-Zeiten entwickelt, um die Lebensdauer von Wartburgs, Trabis und anderen Ostblock-Autos zu verlängern. Seitdem wurden die Rezepturen stetig weiterentwickelt – mit durchschlagenden internationalem Erfolg.

Chef: Erst seit etwa 5 Jahren spielt Autopflege in China überhaupt eine Rolle

Elaskon-Chef Karl Schwald kann sich über diesen neuen Pflegefimmel der Chinesen nur die Hände reiben: „Bis vor etwa fünf Jahren hat das Thema Autopflege in China so gut wie keine Rolle gespielt – und entsprechend sagen die Autos auf den Straßen auch aus“, sagt er. „Das hat sich aber inzwischen geändert: Für immer mehr Chinesen ist das Auto – ähnlich wie hier in Deutschland – zu einem Prestigesymbol geworden, das sie hegen und pflegen. Das kommt uns jetzt zugute.“

Werbevideo von Elaskon:

200 Pflegestationen an Chinas Ostküste geplant

Nach Extra-Schulungen in Dresden pflegen, schmieren und konservieren inzwischen die Mitarbeiter von 15 Elaskon-Pflegestationen in der asiatischen Metropole Shanghai chinesische Automobile. Angesichts der großen Resonanz will Schwald nun ein Netz aus solchen Stationen über die ganze chinesische Ostküste werfen. Bis zum Jahresende möchte er bereits 150 bis 200 solcher Stationen – darunter auch in der Hauptstadt Peking – in Betrieb haben.

Ein Elaskon-Mitarbeiter schult die chinesischen Kollegen in der Autopflege mit den Konservierungs-Mitteln aus Dresden. Foto: Elaskon

Ein Elaskon-Mitarbeiter schult die chinesischen Kollegen in der Autopflege mit den Konservierungs-Mitteln aus Dresden. Foto: Elaskon

Bloß keine Steilvorlage für Industriespione liefern

Eine Produktion der beliebten Dresdner Spezial-Chemikalien gleich vor Ort, in China, hat sich der Chef inzwischen aus dem Kopf geschlagen – zu groß erscheint ihm das Risiko, damit Industriespione anzulocken. Zwar dürfte es für Plagiatoren ausgesprochen schwierig sein, die Elaskon-Produkte zu kopieren, da neben den geheimen Rezepturen auch das besondere Produktionsverfahren in Dresden entscheidend für die Pflege-Qualität ist, schätzt Schwald ein. Aber dennoch: Eine Steilvorlage will er der Konkurrenz in Fernost nicht bieten. Denn dass Wissensträger von einem Tag auf den anderen verschwinden und plötzlich bei einem Konkurrenten auftauchen, sei in China keine Seltenheit, berichtet er aus leidiger 15-jähriger Erfahrung im Reich der Mitte. „Die Loyalität zum Unternehmen ist in China bedauerlicherweise viel geringer ausgeprägt als hier in Deutschland.“ Allerdings will er ein China demnächst eine Abfüllanlage für Elaskon-Produkte bauen, um näher am Kunden dran zu sein. Dafür werden dann voraussichtlich rund 20 neue Mitarbeiter angeheuert.

Nun auch in Chinesisch: Pflegemittel von Elaskon Dresden. Foto: hw

Nun auch in Chinesisch: Pflegemittel von Elaskon Dresden. Foto: hw

Auch Großaufträge aus Europa winken

Derweil erfreuen sich auch in Europa sich die Nachfolgeprodukte des legendären DDR-Autopflegemittels „K 60“ steigender Beliebtheit. Der Dresdner Familienbetrieb verhandelt derzeit über Großaufträge mit größeren Werkstatt-Ketten. Kommen diese Geschäfte zustande, will die Elaskon-Führung ihre ursprünglichen Investitionspläne in Dresden-Reick über den Haufen werfen und aufkohlen: Eigentlich hatten die Schwalds vorgesehen, in diesem Jahr einen eher einfachen Kaltlager-Neubau für rund eine Million Euro an der Lohrmannstraße zu errichten. Weil nun aber neue Großaufträge für die empfindlicheren Pflegeprodukte winken, steht jetzt zur Debatte, gleich 2,3 Millionen Euro zu investieren und in Dresden-Reick eine beheizte Lagerhalle mit neuer Abfüllanlage zu errichten.

Internationaler Champion in der Nische

Dabei sind die Autopflege-Mittel zwar die prominentesten Elaskon-Produkte, aber bei weitem nicht die einzigen. Was außerhalb der Branche nur wenige wissen: Das Dresdner Unternehmen zählt in einigen Nischen zu den Weltmarktführern, zu den legendären „Hidden Champions.“ Vor allem die Seilschmiermittel von Elaskon sind international gefragt – und so begehrt, dass die Dresdner für ihre Produkte teils bis zu dreimal so hohe Preise wie die Konkurrenz auf den Zielmärkten durchsetzen können.

13 % mehr Umsatz

Insgesamt hat sich das exportorientierte Familienunternehmen im vergangenen Jahr recht dynamisch entwickelt: Die Umsätze kletterten um 13 Prozent auf 28,4 Millionen Euro. 60 Prozent davon realisierten die Dresdner im Ausland, in insgesamt 58 Ländern. Die Belegschaft wuchs von 74 auf nun 80 Mitarbeiter. In diesem Jahr rechnet die Geschäftsführung mit etwa 30 Millionen Euro Umsatz.

Schmierige Forschung mit TU und Fraunhofer

Und da die technologischen Herausforderungen immer größer werden, hat Elaskon auch sein Entwicklungslabor personell vergrößert. Die fünf Mitarbeiter dort tüfteln gemeinsam mit TU- und Fraunhofer-Forschern zum Beispiel an Nanotech-Lösungen oder auch an neuartigen Schmiermitteln für Kunststoff-Seile, die sich weltweit anschicken, die klassischen Stahlseile abzulösen.

Seile für Ölplattformen, Bergbahnen und Aufzüge sollen halten

Abnehmer der Dresdner Schmierstoffe sind vor allem große Seilereien in Malaysia Indonesien, Südkorea, aber auch in der Ukraine und Russland, die dann wiederum Aufzugs-Unternehmen, Seilbahn-Betreiber oder Erbauer von Ölplattformen im Meer beliefern. Gerade in Schwellenländern sei es ein mühseliger Prozess gewesen, die Geschäftspartner vom Gedanken zu überzeugen, dass es sinnvoll ist, den Kunden Seile zu verkaufen, die – durch Elaskon-Schmiermittel geschützt – auch wirklich lange halten, sagt Schwald. „Aber der Gedanke beginnt sich auch dort durchzusetzen.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

Kurzporträt Elaskon

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt