Wirtschaft

Dresdner Wälzlagertechnik rotiert

Ein WLT-Mitarbeiter untersucht an einem Mess- und Prüfstand ein Präzisions-Wälzlager. Foto: WLT

Ein WLT-Mitarbeiter untersucht an einem Mess- und Prüfstand ein Präzisions-Wälzlager. Foto: WLT

Automatisierungstrends in Hightech-Industrien sorgen für Impulse in Dresden Spezialfirma

Dresden, 30. Juni 2015. Der Automatisierungstrend in der Halbleiterindustrie und anderen Technologiebranchen in Deutschland sorgt beim Dresdner Unternehmen „Wälzlagertechnik“ (WLT) für einen Wachstumskurs: Waren Umsatz und Gewinn in der auf besonders hochwertige und kundenspezifische Wälzlager orientierten Firma im vergangenen Jahr eher moderat gewachsen, zeichnen sich im ersten Halbjahr 2015 etwa 20 Prozent Plus ab, wie WLT-Chef Michael Schwarz auf Oiger-Anfrage mitteilte. „Unsere besondere Expertise spricht sich offensichtlich herum“, schätzte er ein.

Was sich in der Chipfabrik dreht, darf keine Späne machen

Mitten unter den großen westdeutschen Wälzlager-Konkurrenten habe sich das zwölfköpfige Spezialunternehmen als Anbieter für die richtig schwierigen Einsatzfälle behaupten können: In Chipfabrik-Reinräumen zum Beispiel, wo Chipscheiben-Kisten mit dem Wert eines Eigenheims automatisiert bewegt werden müssen und die Wälzlager besonders präzise und abriebfrei die Transportrollen halten müssen – da dürfen keine Mikrospäne durch die Luft wabern, wenn sich die Wälzlager drehen. Auch für Transportbänder in Flughäfen, Druckereien und in anderen Betrieben kommen die Spezialanfertigungen aus Dresden zum Einsatz. „Wir bewegen uns da an der Grenze des technisch überhaupt Machbaren“, betonte Schwarz.

Michael Schwarz, Chef der Wälzlagertechnik Dresden, an der piezoelektronischen Prüfmaschine, die für das menschliche Ohr unhörbare Laufunruhen von Kugellagern ausmisst. Foto: Heiko Weckbrodt

Michael Schwarz, Chef der Wälzlagertechnik Dresden, an der piezoelektronischen Prüfmaschine, die für das menschliche Ohr unhörbare Laufunruhen von Kugellagern ausmisst. Foto: Heiko Weckbrodt

Vor 25 Jahren in Clubraum gegründet

Er hatte das Unternehmen vor 25 Jahren in einem ehemaligen VEB-Clubraum an der Grenzstraße gegründet und seitdem ausgewiesene Wälzlager-Experten in seinem Betrieb um sich geschart. 1997 zog die WLT in das Industriegelände Dresden-Nord um. Seitdem hat die Firma mit ihren Präzisions-Wälzlagern immer mehr Kunden vor allem aus technologieorientierten Branchen gewonnen, inklusive Luft- und Raumfahrt, Robotik und Wehrtechnik.

Blick richtet sich nun auf Südamerika

Dafür setzen die Dresdner unter anderem auf ausgefeilte Messtechnik, die auch kleinste Laufunruhen überall dort entdecken, wo Bauteile möglichst reibungsarm und ruhig rotieren sollen, außerdem auf moderne Hightech-Werkstoffe wie Keramik- statt Stahlkugeln und auf besonders präzise gefertigte Aufhängungen. Für dieses besondere Know-How wollen die WLT-Ingenieure und -Techniker in Zukunft stärker als bisher auch Hightech-Kunden außerhalb Sachsens begeistern und ihren bundesweiten Vertrieb demnächst ausbauen. Wobei die Wälzlager aus Dresden auch heute schon bei internationalen Kunden gefragt sind, vor allem in Europa – als nächstes will Schwarz auch in den südamerikanischen Markt einsteigen.

WLT-Chef: Sachsens Politiker machen ihre Wirtschafts-Hausaufgaben nicht

Dieses internationale Engagement wird umso dringender, da der Hochtechnologie-Standort Dresden nach Einschätzung des WLT-Chefs in der jüngsten Vergangenheit merklich an Schwung verloren hat. „Die Zeit der Großinvestitionen aus der Halbleiterindustrie in Dresden ist offensichtlich vorbei, die Spitzenentwicklungen finden nicht mehr in Sachsen, sondern woanders statt“, schätzte er ein. „Da haben unsere Politiker vom Land zuletzt ihre Hausaufgaben nicht mehr gemacht.“

Für verfehlt hält er den Kurs vieler sächsischer Politiker, nun einfach auf das Prinzip Hoffnung zu setzen und darauf zu warten, dass nach den Vorbildern in Baden-Württemberg und Bayern die kleinen Firmen hierzulande irgendwann zu schlagkräftigen Mittelständlern heranwachsen. „Das sind Konzepte von gestern, die funktionierten heute so nicht mehr“, ist Schwarz überzeugt. Vielmehr sollten die Entscheidungsträger ihre Förderpolitik so umstellen, dass mit den Methoden und Möglichkeiten des Internetzeitalters kraftvolle Unternehmens-Netzwerke entstehen, die ganze Wertschöpfungsketten vor Ort virtuell verknüpfen und zur Entwicklung und Vermarktung von Endprodukten im Stande seien. „Wir müssen in Sachsen viel mehr auf Vernetzung setzen.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt