Wirtschaft

Laserfilme für die wachsende Datenflut

Josef A. Kickartz zeigt eine stark vergrößerte Ansicht der Farbcodes, mit denen er Daten auf Filme lasert. Tatsächlich sind diese Matrizen nur wenige Mikrometer klein. Foto: Heiko Weckbrodt

Josef A. Kickartz zeigt eine stark vergrößerte Ansicht der Farbcodes, mit denen er Daten auf Filme lasert. Tatsächlich sind diese Matrizen nur wenige Mikrometer klein. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner Firma „Optical Data Systems“ bannt Daten per Farbmuster auf Filme statt auf Festplatten

Dresden, 22. Juli 2015. Mit einem Verfahren, bei dem Informationen per Laser auf Filme gebannt werden, statt sie auf Festplatten oder Magnetbänder zu speichern, will Josef A. Kickartz die Langzeitarchivierung von Daten und Bilder revolutionieren. Dafür hat der Ingenieur aus Jena nun die Firma „Optical Data Systems“ in Dresden gegründet, die für die Datenspeicherung auf Laserfilm teils auch komplizierte Farbpunkt-Muster ähnlich den QR-Codes in der Werbung einsetzt.

Technik eignet sich besonders für Bildmassen in Kliniken und Instituten

Besonders eigne sich das Verfahren für den Einsatz in großen Krankenhäusern, Forschungsinstituten und überall dort, wo viel Bildmaterial wie etwa hochaufgelöste Computertomographien oder Mikroskopie-Digitalfotos massenhaft für lange Zeit aufbewahrt werden müssen, erklärte Josef Kickartz. „Für ein Universitätsklinikum amortisiert sich diese Technik nach zwei, spätestens drei Jahren, wenn man es mit klassischen Lösungen in Rechenzentren vergleicht“, ist er überzeugt.

Bewusste Entscheidung für Cluster Dresden

Für drei Pilotanwender – darunter ein süddeutsches Universitätsklinikum und ein wissenschaftliches Rechenzentrum – will er im Herbst die ersten Datensätze auf Film lasern. Bewähre sich die Methode und stoße auch auf das Interesse weiterer Investoren, soll die „Optical Data Systems“ in Dresden-Klotzsche rasch ausgebaut werden und auf eine Belegschaft von 30 bis 45 Mitarbeitern kommen, kündigte Kickartz an. Außerdem plane er, die Technologie auch an externe Dienstleister zu lizenzieren, die dann eigene Speicherzentren für kleinere Kunden aufbauen können. Für Dresden als Standort für die Unternehmens-Gründung habe er sich vor allem wegen der hier konzentrierten Hightech-Industrie und Forschungslandschaft entschieden, sagt der Ingenieur aus Jena, der jahrelang in der Mikrofilm-Branche tätig war.

Laser beschreibt die Filme, Roboter verwalten sie

Bei dem Verfahren werden die Filme in einer Trommel von einem luftgepolsterten Laser beschrieben und wandern dann in ein automatisches Kassetten-Lager. Von dort können sie dann bei Bedarf von Robotern wieder in spezielle Lesegeräte zurücktransportiert werden.

Das Laserfilm-System soll sich an normale Rechenzentren andocken lassen: Die Rechner senden die zu archivierenden Daten an den Laserbelichter, dann werden die Filme in einem Kassettenlager abgelegt, wo sie von Robotern bei Bedarf wieder zurück zu den Lesescannern gebracht werden. Abb.: Optical Data Systems, Repro: hw

Das Laserfilm-System soll sich an normale Rechenzentren andocken lassen: Die Rechner senden die zu archivierenden Daten an den Laserbelichter, dann werden die Filme in einem Kassettenlager abgelegt, wo sie von Robotern bei Bedarf wieder zurück zu den Lesescannern gebracht werden. Abb.: Optical Data Systems

Gründer: Verfahren ist günstiger als ein klassisches Rechenzentrum

Das System spiele seine Vorteile besonders bei der Langzeitarchivierung von Bildern aus, die in analoger – also auch für das menschliche Auge sichtbarer Form – auf Filme im A6-Format geschrieben werden, betont der Firmengründer. Rechne man dies auf den entsprechenden Speicherplatz einer digitalen Archivierung um, könne man hier auf einer Fläche von 105 mal 148 Millimetern bis zu 3,5 Gigabyte Bilddaten unterbringen. Damit kommt das System zwar nicht an heutige Festplatten heran, die weit höhere Datendichten erzielen, erreicht dies zudem auch nur bei Bildern. Aber, so argumentiert Kickartz, im Langzeitbetrieb sei diese Variante billiger im Vergleich zum Wartungs- und Nachinvestitionsaufwand, den moderne Rechenzentren verschlingen. Denn einmal belichtet, halten die Filme ihre Daten 25 bis 100 Jahre, müssen aber nicht wie Festplatten in heutigen Rechenzentren regelmäßig erneuert bzw. ausgetauscht werden.

Farbmuster sollen in Zukunft für höhere Speicherdichte sorgen

Vor allem jedoch ist er überzeugt, die Datendichte noch deutlich steigern zu können. Denn er hat noch ein anderes Verfahren in petto, das nach seiner Ansicht das Potenzial für weit höhere Speicherdichten auf Filmmaterial hat: Dabei schreibt der Laser ein Muster („Q-Matrix“) verschiedenfarbiger winziger Bildpunkte auf den Film. Anders als beim klassischen Digitalverfahren, das pro Punkt nur die Informationen „0“ oder „1“ kodiert, können auf diese Weise mehr Daten pro Punkt gespeichert werden – jede Farbnuance steht dann für andere Ziffer. Noch komme diese Farbmethode auf eher niedrige Speicherdichten von nur etwa 100 Megabyte pro A6-Film, räumt Kickartz ein. Aber er hält das Verfahren für deutlich ausbaufähig und glaubt, künftig bis zu 1000 Mal soviel Daten unterbringen zu können. „Die Zukunft liegt in der Q-Matrix“, meint er.

Weltweit steigen Datenmengen enorm an

Bedarf für effektivere Speicherlösungen für die Langzeitarchivierung von Daten gibt es im Digitalzeitalter zweifellos: Laut Schätzungen von IBM, IDC und anderen Unternehmen wird die weltweit erzeugte Datenmenge bis 2020 von derzeit etwa 7,5 bis 8,5 Zetabyte auf dann etwa 40 bhis 44 Zetabyte pro Jahr ansteigen. Das ist eine derart hohe Zahl, dass sie sich jeder menschlichen Vorstellungskraft entzieht. Trotzdem der Vergleich: Unsere derzeitige Datenproduktion rund um den Globus ist etwa soviel, als ob jeder Mensch auf der Erde eine Billion Buchstaben niederschreiben oder jeder dafür eine handelsübliche Festplatte auf einen Haufen legen müsste. Und mindestens ein Prozent davon werden schon aus rechtlichen oder sozialen Gründen für längere Zeit gespeichert müssen, digitale Krankenunterlagen oder bestimmte Behördenakten zum Beispiel – eine breite Spielwiese also für neue Speichertechnologien. Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt