Wirtschaft

Wenn der Internetschwarm einen Immobilien-Hai formt

In immer mehr Bereichen soll Crowdfunding Finanzierungslücken schließen - inzwischen auch für große Bauprojekte, wie hier bei der Plattform "Exporo". Um die Zahlungsabwicklung vieler solcher Kampagnen kümmert sich ein kleines Unternehmen aus Pulsnitz in Sachsen. Foto: Secupay

In immer mehr Bereichen soll Crowdfunding Finanzierungslücken schließen – inzwischen auch für große Bauprojekte, wie hier bei der Plattform „Exporo“. Um die Zahlungsabwicklung vieler solcher Kampagnen kümmert sich ein kleines Unternehmen aus Pulsnitz in Sachsen. Foto: Exporo

Crowdfunding erfasst immer mehr Marktsegmente – oft mischen dabei sächsische Firmen mit

Pulsnitz, 31. Juli 2015. Das Konzept des „Crowd Fundings“, mit dem anfangs vor allem Weltverbesserer und „verrückte“ Erfinder ihre Projekte mit Hilfe von Zuwendungen aus dem Internetschwarm finanzierten, greift auf immer mehr Sektoren über – und sächsische Unternehmen bestimmen diesen Trend wesentlich mit. Eine der führenden deutschen Crowdfunding-Plattformen, „Startnext“, wurde in Dresden gegründet, ebenso das Internetportal „Seedmatch“, das dieses Schwarmfinanzierungs-Konzept auf die Wirtschaft übertrug: Beim „Crowd Investing“ beteiligen sich Kleininvestoren per Internet an hoffnungsvollen Firmengründungen.

Geldtransfers vieler Plattformen wickelt Secupay aus Pulsnitz ab

Der neueste Trend ist nun „Immobilien-Crowdinvesting“: Dabei investiert der Internetschwarm auch in richtig große Bauprojekte, die früher nur Großanleger stemmen könnten. Und dabei taucht im Hintergrund immer wieder ein Unternehmen auf: Die Secupay AG aus Pulsnitz in Sachsen wickelt die Zahlungen für diese Kampagnen ab, verwahrt die Kleininvestitionen treuhänderisch und sorgt dafür, dass das Geld nicht futsch ist, wenn die Sammelaktion nicht so läuft wie gedacht. Die Pulsnitzer sind mittlerweile deutscher Marktführer für Zahlungsverkehr-Lösungen auf Crowdfunding-Plattformen, wie Unternehmenssprecherin Stephanie Göhlert einschätzte.

Neuester Trend: Bauherren schließen Finanzlücken im Netz

Das jüngste Projekt, bei der die Bezahllösung aus Sachsen zum Einsatz kommt, ist das Immobilienprojekt „Holsteiner Chaussee“ (HoCh). Die Hamburger Plattform „Exporo“ sammelt dabei für den Bau eines Mehrfamilienhauses in Hamburg Geld von Kleinanlegern im Internet ein. Die können sich mit Beträgen ab 500 Euro beteiligen, sollen so für den Bauherrn die Finanzierungslücke zwischen Bankdarlehen und Eigenkapital schließen und bekommen – so das Versprechen – zum Schluss eine Rendite ausgezahlt. Das investierte Geld wird von secupay gesammelt und treuhänderisch verwaltet, außerdem stellen die Pulsnitzer eine einheitliche Programmschnittstelle (API) für alle Zahlungswege zur Verfügung. Das Unternehmen hat sich für solche Projekte eine Zulassung als Zahlungsinstitut bei der Bankenaufsicht BaFin eingeholt.

Streitpunkt bleibt Kleinanlegerschutz

„Die Komplexität unserer Online-Prozesse wird durch das neue Kleinanlegerschutzgesetz vermutlich steigen“, schätzte Exporo-Vorstandsvorsitzender Simon Brunke ein. „Secupay hat sich als verlässlich bei der Implementierung von neuen Geschäftsprozessen bewährt.“ Und damit deutet er auch einen nicht ganz unproblematischen Punkt am neuen Trend hin zur Schwarmfinanzierung von großen Immobilien-Projekten an: Für den Kleinanleger sind die Risiken und Ertragsaussichten bei weitem nicht so überschaubar wie für den professionellen Großanleger. Auch deshalb hatte der Bund erst kürzliche eine Novelle des Kleinanleger-Schutzgesetzes angestoßen, die auf ausführlichere Informationen für Kleininvestoren beim Crowdfunding zielt. Branchenvertreter hatten deshalb gegen den Gesetzentwurf nachdrücklich protestiert: Sie fürchten ein Bürokratiemonster, das neue Finanzierungsmodelle wie eben das Crowdfunding abwürgen könnte.

Pilotprojekt für Handy-Bezahlen in Dresden-Neustart beerdigt

Dem einen oder anderen wird Secupay im Übrigen aus einem anderen Zusammenhang noch ein Begriff sein: Im November 2011 hatte das Unternehmen im Dresdner Szeneviertel Neustadt das Projekt „Vierteldollar“, mit dem man in einigen Läden und Kneipen bargeldlos per Smartphone und NFC-Funktechnik („Near Field Communication“) bezahlen konnte. Anfang 2013 stampfe Secupay das Pilotprojekt allerdings wieder ein: Die Nachfrage war nicht allzu groß gewesen, zudem türmten sich immer mehr finanzrechtliche Auflagen auf.

Keine EC-Karte mehr einstecken, kein Bargeld mehr herauskramen: Die NFC-Brückentechnologie aus Pulsnitz soll's schon jetzt möglich machen. Abb.: Secupay

Keine EC-Karte mehr einstecken, kein Bargeld mehr herauskramen: Die NFC-Technologie aus Pulsnitz. Abb.: Secupay

Online- und Offline-Handel wachsen zusammen

Inzwischen haben sich die Pulsnitzer vor allem auf Softwarelösungen und Dienstleistungen rund um Crowdfunding und Internethandel konzentriert. Zu den neueren Projekten gehören Bezahllösungen für Händler, die sowohl Präsenzläden wie auch einen Online-Shop betreiben, informierte Stephanie Göhlert. Die Idee dahinter: Will zum Beispiel ein Kunde in solch einem Laden eine Jeans kaufen, die ihm gefällt, und die ist gerade nicht vor Ort auf Lager, bietet der Händler den Kauf über den Online-Shop an. Ist der Kunde zu Hause, sollte die Jeans bereits im elektronischen Warenkorb abgelegt sein, so dass dann nur noch ein Mausklick nötig ist, um die Lieferung auszulösen.

Gegründet wurde Secupay im Jahr 2000. Das Unternehmen hat derzeit rund 50 Mitarbeiter, die auf bargeldlose Zahlungsabwicklungen im Offline- und Onlinehandel spezialisiert sind.

Autor: Heiko Weckbrodt

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