Alle Artikel mit dem Schlagwort: Ideologie

Gender-Sprache ist umstritten. Montage: hw

Machtfragen – Sprachmacht?

Ein Gastkommentar zur „Gender“-Forderung an das Unijournal Ende September 2020 forderte die neue Rektorin der TU Dresden die Redaktion des Dresdner Universitätsjournals auf, künftig alle Texte im UJ zu „gendern“. Damit wurde der bisherige Einsatz der UJ-Kollegen für das generische Maskulinum und gegen Sprachverhunzung per Dekret gestoppt. Diese Vorschrift auf dem Wege der Anweisung von oben erinnert an DDR-Verhältnisse, in denen aus Gründen ideologischer Wunschbilder und machtpolitischer Vorstellungen in die Sprache eingegriffen wurde und das Denken auf Linie gebracht werden sollte.

Hat 2011 ihren Bachelor für Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig gemacht und weiß Bescheid, wie es in der DDR war: Christina Schwarz. Foto: Greta Hartmann für die uni Leipzig

Nachwuchs-Forscherin: DDR und Corona zu vergleichen ist „neurechts“

Kulturwissenschaftlerin: Nur kleiner Teil der Ostdeutschen fühlt sich bevormundet, Selbstbild als Umstürzler ist letztlich demokratiefeindlich Leipzig, 28. September 2020. Wer sich durch den Corona-Ausnahmezustand, durch Reiseverbote und Demonstrationsverbote, durch Schlangen und leere Regale in den Geschäften und andere Phänomene während der Pandemie an die DDR erinnert fühlt und beides „gleichsetzt“, der liegt nach Meinung der Kulturwissenschaftlerin Christina Schwarz von der Uni Leipzig falsch. Denn: „Solche Gleichsetzungen sind gängige Argumentationsmuster neurechter Akteure bis hin zu Neonazis“, kritisiert sie.

Auszug aus: Oblomok imperii (VT: Der Mann, der das Gedächtnis verlor) von 1929. Szenenfoto: Absolut Medien

„Der neue Mensch“ in sowjetischen Filmen

Doppel-DVD zeigt die Ikonografie der Modernität in Spiel-, Dok- und Trickfilmen der frühen Stalin-Ära Ein Mann zieht aus einer Bruchbude in ein neues Hochhaus. Anfangs fühlt er sich darin gar nicht wohl: Er kann nicht einschlafen. Bis er erkennt, dass es ein Fehler war, den alten Krempel aus der alten Wohnung mitzunehmen – der hindert ihn daran, im neuen Heim auch innerlich anzukommen. „Man muss in einem neuen Haus zu leben wissen“, schreibt er am Schluss des Puppentrickfilms „Beherrscher des Alltags“. Dass dies als Metapher für die Metamorphose des Russen zum neuen Menschen, des Sowjetbürgers gemeint ist, wird spätestens klar, wenn man die Entstehungszeit kennt: Gedreht wurde dieser teils surrealistisch anmutende Trickfilm in der stalinistischen Sowjetunion des Jahres 1932. Zu finden ist er in der Edition „Der neue Mensch“. Die versammelt insgesamt acht Filme der frühen Sowjetunion zwischen 1924 1932 auf zwei DVDs, die inzwischen fürs Heimkino erschienen sind.

Slavoj Žižek. Foto: Absolute Medien

Žižek seziert die Ideologie in Filmen und Werbung

Perverser Führer durch die Ideologie auf DVD erschienen Unser Alltag und unsere Populärkultur sind weit stärker mit Ideologie durchtränkt, als wir es wahrhaben wollen. Das meint jedenfalls Slavoj Žižek: In der spannenden Dokumentation „The Pervert’s Guide to Ideology“, die nun auf DVD erschienen ist,seziert der slowenische Kulturkritiker und Psychoanalytiker Slavoj Žižek erbarmungslos Werbe-Trailer, Filmklassiker und Konsumbotschaften auf ihren ideologischen Kern. Und den transportieren PR-Experten und Regisseure weit raffinierter als die Kommunisten, die wir automatisch zuerst mit einer weltanschaulich durchtränkten Welt assoziieren.

Netzseiten wie die von David Dees illustrieren krude verschwörungsideologien in knalligen Farben: Merkel als Marionette der Zionisten und Flüchtlinge, die blonde Mädchen vergewaltigen - und alles gehört zu einem großen Genozid-Plan gegen die Europäer. Abb.: Screenshots von ddees.com

Von Aliens, Flüchtlingen und falschen Flaggen

In Umbruchzeiten blühen Verschwörungstheorien besonders wild Kassel, 26. April 2016. Das Netz ist voll von Verschwörungs-Erzählungen und sie finden derzeit besonders viel Nahrung. Beispiele, die vor allem in rechtspopulistischen Facebook-Gruppen jetzt (wieder) die Runde machen und besonders dem Konzept der Aktionen „unter falscher Flagge“ frönen: – Die CIA und nicht Al Kaida hat am 11. September 2001 jene Flugzeuge gesteuert, die das World Trade Center in New York zerstörten. Natürlich um der Bush-Administration einen Vorwand für den Afghanistan- und den Irak-Krieg zu liefern.

Juden werden während der sogenannten "Reichskristallnacht" gewzingen, mit dem gelben Stern zu marschieren. Die meisten Deutschen schauten aus Indifferenz bei diesem Terror weg. Foto: unbekannt, Wikipedia, gemeinfrei

Mehrheit der Deutschen unterstützte Nazis aus Oppurtunismus

Dresdner Geschichtsphilosoph: NS-Regime kalkulierte mit Unterstützung durch Indifferenz Durch zuletzt durch Film, Fernsehen und Schulunterricht, die das Trommelfeuer nationalsozialistischer Propaganda und die Bilder „Heil“-schreiender Massen zeigen, ist die Vorstellung entstanden, das sogenannte „Dritte Reich“ sei ein zutiefst ideologisch-totalitärer Staat gewesen. Dieses Bild hatten die Nationalsozialisten schon selbst zu malen begonnen, suggerierten sie Bürgern wie Ausland doch das Image einer wundersam geeinten Volksgemeinschaft, die bis zum letzten Volksgenossen im Aufbruch begriffen sei. Tatsächlich aber waren „in der nationalsozialistischen Gesellschaft die vorherrschenden Verhaltensmuster Opportunismus und Indifferenz“, meint Dr. Wolfgang Bialas in seiner Fallstudie „Legitimation, Kooptation und Repression im NS-Regime“, die nun in einem Sammelband des Dresdner „Hannah-Instituts für Totalitarismusforschung“ (HAIT) erschienen ist.