Alle Artikel mit dem Schlagwort: VEB

Zeitzeuge Ngoc Hanh Dao besucht mit seinem Sohn die Pentacon-Ausstellung "Bis zum bitteren Ende" in den Technischen Sammlungen Dresden. Foto: Anja Schneider für die TSD

Das Ende von Pentacon und der Blick auf Lebensbrüche

Ausstellung „Bitteres Ende“ in den Technischen Sammlungen Dresden wartet mit Interviews und Geschichten zum VEB Pentacon um 1989 auf Dresden, 5. Januar 2024. Wer heute mehr will als nur die eingebauten Bildsensoren im omnipräsenten Smartphone und sich eine „richtige“ Kamera kauft, landet eher oder später meist bei den Japanern: bei Canon, Nikon, Sony & Co. Für Liebhaber besonderer Qualitätsfotografie gibt es noch Leica aus Wetzlar – aber das war es dann auch schon mit den deutschen Herstellern, wenn man einmal die Industriekameratechnik beiseite lässt. Dies war vor dem Aufbruch ins Digitalzeitalter ganz anders, da gehörten deutsche Unternehmen zu den führenden Kameraproduzenten weltweit. Dazu zählten die Ernemannwerke und Zeiss Ikon in Dresden, aus denen zu DDR-Zeiten die für ihre Spiegelreflex-Kameras berühmten Pentacon-Werke wurden. Eine Sonderausstellung in der Striesener Pentacon-Betriebsstätte – den heutigen Technischen Sammlungen Dresden – erzählt nun in Zeitzeugen-Berichten vom „Bitteren Ende“ der lange Zeit strukturprägenden Kameraindustrie in Dresden.

Der Finanzierungsbedarf junger Unternehmen in Deutschland steigt. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen bereitet Industriepark-Erweiterung in „Schwarze Pumpe“ vor

Eine Million Euro Fördergeld für Planung zugesagt Schwarze Pumpe, 9. Oktober 2023. Sachsen will seinen gemeinsam mit Brandenburg organisierten Industriepark „Schwarze Pumpe“ gen Süden um 250 Hektar erweitern. Dafür hat der Freistaat den Betreibern nun eine Million Euro Fördergeld zugesagt, die vor allem in die Ausbau-Planungen fließen sollen. Das geht aus einer Mitteilung des sächsischen Regionalministeriums (SMR) hervor.

Ein moderner Nachfolger des vor 60 Jahren bei Carl Zeiss Jena entwickelten Analyse-Gerätes "Specord". Foto: Analytik Jena

DDR-Erfindung „Specord“ durchschaut heute die Güte von Wein und Bier

Analytik-Firma baut auf eine 60 Jahre alte Entwicklung aus dem VEB Carl Zeiss Jena Jena, 11. Mai 2023. Manche Innovationen aus DDR-Zeiten sind in weiterentwickelter Form bis heute im Einsatz und gelten immer noch als Hightech. Und vieles davon hatte seinerzeit im Kombinat Carl Zeiss Jena (CZJ) seinen Ausgangspunkt. Ein Beispiel sind Multispektralkameras für die Ostblock-Raumfahrt, die in die heutige Hyperspektral-Technologie eingeflossen sind. Ein weiteres Beispiel ist das Spektralphotometer „Specord“: Labore und Fabriken weltweit setzen diese automatischen Inhaltsermittler aus Thüringen ein, um die Güte von Weinen zu bestimmen, Biere zu analysieren, Abwässer zu überwachen und dergleichen mehr. Vor 60 Jahren im im VEB Carl Zeiss Jena entwickelt, sind die Specords, stetig modernisiert, immer noch einer der zentralen Umsatzbringer der CZJ-Nachwende-Ausgründung „Analytik Jena“. Darauf hat das Messtechnik-Unternehmen hingewiesen.

Manfred von Ardenne. Foto: Mittelstädt, ADN, Bundesarchiv, Wikipedia, CC3-Lizenz

Warum Honecker Ardennes Enteignung revidierte

Der neue SED-Chef wollte das größte Privatinstitut der DDR vor 50 Jahren eigentlich auch verstaatlichen – und wählte dann doch die bequeme Lösung Dresden, 8. März 2022. Als eines von ganz wenigen größeren privaten Unternehmungen in der DDR und im ganzen Ostblock entging die Dresdner Forschungseinrichtung von Manfred von Ardenne der letzten großen Verstaatlichungswelle vor 50 Jahren. Und das hatte weniger mit den guten Kontakten des „roten Barons“ nach Moskau zu tun, wie lange vermutet, sondern mit Zuordnungsrangeleien hinter der den Kulissen, wie der frühere Technikdirektor des Instituts, Peter Lenk, nach jahrelangen Recherchen herausbekommen hat. Zwar sei dem Institut schon 1972 der Privatisierungsbefehl erteilt worden. Doch dann habe das Gerangel darum, wer das Institut übernimmt, schier kein Ende genommen. „Das Politbüro hat dann letztlich die bequeme Lösung gewählt“, berichtet Lenk. „Erich Honecker persönlich hat dann unter die Akte geschrieben: Alles bleibt so wie es ist.“

Die Steckenpferd-Lilienmilch-Seife war ein Verkaufsschlager, die Nachfrage kaum zu befriedigen. Repro (hw)) aus: H. Pfeil: Welch ein reichtum!

Per „Steckenpferd-Kampagne“ Valuta für die Staatskasse

Im Buch „Welch ein Reichtum!“ skizziert Hartmut Pfeil die Radebeuler Industriegeschichte Radebeul. Gummistiefelweitwurf, Luftgitarrespielen, Frauentragen – die Finnen haben einige bizarre Sportarten erfunden, die sie mit aller Leidenschaft betreiben. Neueste Innovation: Steckenpferdreiten, was heißt, dass die Pferde, mit denen man bei Meisterschaften einen Hindernisparcours bewältigt, aus Holz, Stoff und Wolle bestehen. Deutlich prosaischer waren die Beweggründe, weshalb zu DDR-Zeiten eine „Steckenpferd“-Kampagne ins Leben gerufen wurde. Um Überseehandel zu treiben, fehlte es an Schiffen, denn was man in den eigenen Werften an der Ostsee produzierte, ging als Reparation in die Sowjetunion. Also wurde 1957 ein „Valuta- und DM-Fond“ gegründet, um gebrauchte Handelsschiffe aus dem Westen ankaufen zu können, die allerdings nur für Devisen zu haben waren. Erster Ansprechpartner des Außenhandelsministeriums der DDR war der VEB Steckenpferd aus Radebeul.

Herbert Wendler kreierte 1936 die ersten Dominosteine. Foto: Archiv Dr. Quendt

Vor 85 Jahren erfand Herbert Wendler in Dresden den Dominostein

Was als Notpraline begann, ist längst ein sächsischer Verkaufsschlager Dresden, 24. Dezember 2021. Etwas Lebkuchen, Fruchtgelees, Marzipan und Schokolade darüber im Quadrat: Vor 85 Jahren erfand der Dresdner Chocolatier Herbert Wendler (1912-1998) dem Domino-Stein – einen kleinen Lebkuchen-Würfel als „Praline des kleinen Mannes“, die auch den Westen eroberte und nicht nur in der DDR ganz groß herauskam. Bis heute verkauft das Dresdner Unternehmen „Dr. Quendt“, dessen Wurzeln unter anderem auch auf Wendlers Kreationen zurückreichen, diese sächsische Spezialität in allerlei Variationen in alle Welt.

Klaus Hermann hat die deutsche Tochter von Indie Semiconductor in Dresden gegründet. Foto: Heiko Weckbrodt

Wächter über die Chipqualität

Statt in Rente zu gehen, gründet der ostdeutsche Mikroelektronik-„Blicker“ Klaus Hermann in Dresden noch eine Autoelektronik-Schmiede Dresden, 16. Dezember 2021. Während andere seines Alters in Rente gehen, baut Klaus Hermann eine neue Autoschip-Schmiede auf: Er hat 2020 in Dresden einen deutschen Ableger des US-Halbleiterunternehmens „Indie Semiconductor“ gegründet. „Mir gefiel die Herausforderung“, erklärt er zwischen zwei Videokonferenzen mit den Kollegen in Schottland und in Amerika. Bis 2023 möchte er seine Mannschaft auf etwa 60 Beschäftigte verdreifachen, in aufwendige neue Labortechnik investieren und dann in ein größeres, eigenes Domizil umziehen.

ILK-Gründungsdirektor Günter Heinrich mit seiner Ehrenmedaille in der Hand steht neben dem heutigen ILK-Direktor Uwe Franzke. Foto: Institut für Luft- und Kältetechnik

Der Professor, der aus der Kälte kam: ILK-Veteran Günter Heinrich wird 90

Gründungsdirektor formte das Institut für Luft- und Kältetechnik ab 1964 Dresden, 3. November 2021. Ein Pionier der ostdeutschen Kälte- und Ökoenergietechnik wird 90: Das private „Institut für Luft- und Kältetechnik“ (ILK) in Dresden hat nun mit einer Feier seinen Gründungsdirektor Professor Günter Heinrich geehrt und ihn mit der ILK-Ehrenmedaille ausgezeichnet – gefertigt im hauseigenen Prototypenbau. Das hat das Institut, das zur „Sächsischen Industrieforschungsgemeinschaft“ (SIG) und der Zuse-Gemeinschaft gehört, nun mitgeteilt.

Ein DDR-Werbeheft für die Cellatron 8205 Z mit dem Pumpspeicherwerk Pumpspeicherwerk Hohenwarte in Thüringenim Hintergrund. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner bringen DDR-Computer „Cellatron 8205 Z“ nach Jahrzehnten zum Laufen

Betagter Rechner beruhte auf dem PC-ähnlichen „D4a“ von 1963 der TU Dresden Dresden, 3. Oktober 2021. Ehemalige Ingenieure des DDR-Computerkombinats „Robotron“ und andere Elektronikexperten haben einen rund 50 Jahre Computer aus ostdeutscher Produktion aus einer Garage geborgen, repariert und in den Technischen Sammlungen Dresden (TSD) wieder zum Laufen gebracht. Am 2. Oktober 2021, also genau 60 Jahre nach der Geburtsstunde des heutigen Dresdner Mikroelektronik-Clusters, nahmen die Enthusiasten die betagte Datenverarbeitungsanlage des Typs „Cellatron 8205 Z“ aus den Jahren 1974/75 nun wieder in Betrieb. Zum Neustart haben sie en passant bewiesen, dass der Uralt-Computer auch spielefähig ist: Sie programmierten ein kleines Retrotechnik-Quiz (siehe Video), wobei die Ein- und Ausgabe über eine angesteuerte Robotron-Schreibmaschine erfolgt.

Der Physiker und Mikroelektronik-Pionier Werner Hartmann im Jahr 1968. Foto: Hans Becker, Technische Sammlungen Dresden

60 Jahre Mikroelektronik in Dresden „Eine der erstaunlichsten Erfolgsgeschichten der Wiedervereinigung“

Am 2. Oktober 1961 legte der Physiker Werner Hartmann den Grundstein für Europas größtes Chip-Cluster Dresden, 2. Oktober 2021: Das Archivbild aus den frühen Tagen der ostdeutschen Mikroelektronik spricht Bände: Ein Mann im weißen Laborkittel stürmt schnellen Schrittes über eine Brache, SED-Parteifunktionäre stolpern unbeholfen hinter ihm her. Ihre Gesichter kann man nicht klar erkennen, doch man ahnt: Ihnen, den sonst so Mächtigen, passt es nicht so recht, hinter diesem Parteilosen herzuhetzen. Der Eilende auf diesem Bild war der Dresdner Physik-Professor Werner Hartmann (1912-1988), der hier vermutlich gerade das Areal inspiziert, auf dem er eine kleine Chipfabrik, das „Blaue Haus“, errichten wollte. Genau 60 Jahre ist es nun her, dass der Visionär Hartmann am 2. Oktober 1961 die AME in Dresden offiziell in Betrieb nahm. Er legte damit den ideellen Grundstein für den größten Mikroelektronik-Standort in Europa legte, der heute direkt und indirekt rund 80.000 Menschen beschäftigt. Mitstreiter, Historiker, Elektronikforscher und viele andere haben diese Pioniertat und ihre Folgen heute auf Einladung des Fraunhofer-Photonikinstituts IPMS mit einem Symposium „60 Jahre Mikroelektronik in Dresden“ in den Technischen …

Seit sie 16 ist, arbeitet Elsbeth im VEB Obertrikotagenbetrieb und kümmert sich dort um die Qualitätskontrolle - bis die Wende kommt und der Betrieb untergeht. Szenenfoto aus: „Der Wittstock-Zyklus“

„Der Wittstock-Zyklus“: Was vom Mädchen-VEB übrig blieb

Langzeit-Dokumentation über Textilarbeiterinnen in der DDR auf DVD erschienen Wittstock im Jahr 1974: Eine neue Textilfabrik wächst aus dem brandenburgischen Boden und gibt über 3000 Menschen Arbeit. Viele von ihnen sind junge Frauen aus den Dörfern ringsum. Im funkelnagelneuen VEB Obertrikotagenbetrieb „Ernst Lück“ tragen sie mehr Verantwortung und haben besser bezahlte Arbeit als viele Männer aus der Gegend. Wittstock 23 Jahre später: Das Werk ist dicht, die Frauen hangeln sich von Umschulung zu Umschulung, leben von der Stütze oder Gelegenheitsjobs. Dieses Provinzkapitel ostdeutscher Alltagsgeschichte hat der ehemalige Maschinenschlosser aus Dresden und spätere Regisseur Volker Koepp in einer schwarz-weißen Langzeitdokumentation eingefangen. Sein „Wittstock-Zyklus 1975-1997“ ist inzwischen als Doppel-DVD fürs Heimkino erschienen.

Prägte 34 Jahre lang die Geschicke des legendären Dresdner Chemiebetriebs Elaskon: Kaufmann., Erfinder und Unternehmer Günther Gedecke. Foto: Sabine Mutschke für Elaskon

Ex-Elaskon-Chef Gedecke wird 90

Dresdner Kaufmann machte aus einem Ölhandel einen Marktführer in der Nische Dresden, 16. August 2019. 34 Jahre lang leitete der Kaufmann Günther Gedecke das Dresdner Traditions-Unternehmen „Elaskon“. Unter seiner Regie brachte der Chemiebetrieb unter anderem das legendäre DDR-Autopflegemittel K60 auf den Markt. Er erfand auch den Namen Firmennamen „Elaskon“, ursprünglich für einen Schmierstoff gedacht, der „elastisch“ und „konservierend“ war. Heute wird Gedecke 90 Jahre alt.

Zu DDR-Zeiten entwickelten und fertigten zahlreiche VEBs in und um Dresden Rüstungsprodukte: Feuerleitrechner, Sturmgewehre und dergleichen mehr. Montage: Heiko Weckbrodt

Special: Die geheimen DDR-Rüstungsschmieden in Dresden

Besonders in den 1980ern stiegen auf Druck der Russen viele VEBs im Raum Dresden in die „spezielle Produktion“ ein Dresden, 2. November 2014: Dresden und Sachsen gehörten zwar nie zu den ganz großen deutschen Rüstungs-Hochburgen wie etwa die Panzerstahlschmieden im Ruhrpott oder die U-Boot-Werften an der Nordsee. Aber auch hier gab es seit jeher wichtige Produktionskerne für die Kriegsmaschinerie, die sich bis in die Kaiserzeit zurückverfolgen lassen – man denke etwa an die Kamerawerke von Ernemann (später: Pentacon) oder das Sachsenwerk. Die feinmechanischen, optischen, elektronischen und anderen Technologieindustrien, die im Raum Dresden konzentriert waren, lieferten sowohl im I. wie auch im II. Weltkrieg für Heer, Marine und Luftwaffe Komponenten zu. Und was vielen Sachsen auch heute, 25 Jahre nach der politischen Wende, nicht bewusst ist: Unter strenger Geheimhaltung wurde diese Tradition auch unter SED-Regie fortgesetzt.

Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Fleisch aus der Waffenschmiede: Kuriositäten aus der DDR-Rüstung

Dresden, 1. November 2014: Nach außen taten Stasi und SED-Apparat furchtbar geheim und streng, wenn es um Rüstungsprojekte in der DDR-Industrie ging. Hinter den Kulissen aber spielten sich ähnlich bizarre Verrenkungen ab, wie sie auch anderswo in der kommunistischen „Plan“- und Mangelwirtschaft zu beobachten waren: Autoritätsgläubigkeit, Planübererfüllungs-Farcen, Ressourcen-Rangelei et cetera, wie die ein paar Randnotizen aus Stasi-Akten und Zeitzeugen-Berichten zeigen: