Dresdner Planck-Zellbiologen spüren Netzhaut-Wachstum nach
Dresden, 18. Januar 2015: Das Auge gilt als Wunderwerk der Natur, ultrareligiöse Kreise in den USA halten diesen besonderen menschlichen Sensor gar für einen Gottesbeweis: Es kann sich an helle und dunkle Umgebungen anpassen, verschafft uns in Sekundenbruchteilen einen Überblick über unsere Umgebung, kann Blumen aus der nächsten Nähe begutachten und weit entfernte Objekte abschätzen – alles Fähigkeiten, mit denen sich selbst modernste Kameras und Elektroniksensoren noch furchtbar schwer tun. Wie es ganz gewöhnliche Vorläuferzellen im Menschen überhaupt schaffen, solch ein Hochleistungs-Sensornetzwerk wie die Netzhaut zu knüpfen, stellt die Wissenschaft immer noch vor viele Rätsel. Die Wanderlust bestimmter Zellkerne spielt dabei anscheinend eine wichtige Rolle, haben nun Forscher des „Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik“ (MPI-CBG) in Dresden herausgefunden.
Verirrte Zellen verloren in Zeit und Raum
Demnach arbeiten sich die zentralen Prozess-Steuerer von Netzhaut-Vorläuferzellen, die Zellkerne, gegen alle Schwerkraft grundsätzlich nach oben vor, bevor die nächste Zellteilung ansteht. Misslingt diese Wanderung, bilden sich nur Klumpen statt Netzhaut. „Die falschen Zellen landen dann zur falschen Zeit am falschen Ort“, erklärte Forschungsgruppenleitern Dr. Caren Norden vom Planck-Institut. „Sie sind verloren in Raum und Zeit.“ Die weitere Entwicklung der noch jungen Netzhaut schlage dann fehl.
Erst mal Grundlagenforschung: Therapie noch nicht in Sicht
Ausgelöst wird die Kernwanderung laut den Befunden der Dresdner Zellbiologen durch ein ganz bestimmtes Enzym, „CDK1“ (Zellzyklus-abhängige Kinase 1). „Damit haben wir einen weiteren zellbiologischen Baustein gefunden, der zu einer gesunden Netzhautentwicklung beiträgt“, schätzte Norden ein, dämpfte aber zugleich Hoffnungen auf rasche Therapiefortschritte gegen Augen-Gendefekte: „Das ist Grundlagenforschung an der Schnittstelle zwischen Zell-und Entwicklungsbiologie“, betonte sie auf Oiger-Anfrage. Das Ziel der Dresdner forscher sei zunächst erst einmal „alle Stadien der Entwicklung zu verstehen, denn nur dann kann man auch analysieren, wenn etwas schief geht“. Autor: Heiko Weckbrodt
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!